Den Ortstermin hatte der Vorsitzende Richter Norbert Kütemeyer auf Anregung der Verteidigung festgesetzt. So wurde für Stunden das Anwesen in der Carl-Sasse-Straße 2 in Lauenau offiziell zur "Nebenstelle des Landgerichts Bückeburg" erklärt – aus formalen Gründen, um die gewonnenen Erkenntnisse prozessverwertbar zu protokollieren sowie dem Gericht das Hausrecht zu gewährleisten. Rotweißes Trassenband erlaubte nur Befugten den Zutritt. Für die Zeit der Verhandlungen waren Bild- und Tonaufnahmen direkt am angenommenen Tatort nicht gestattet. Trotzdem war das Medieninteresse wie auch die Neugier zahlreicher Passanten groß. Die Richter nahmen persönlich Maß am Tatort, errechneten Flächen und überzeugten sich sogar von der Länge der an der Decke angebrachten Neonröhren. Dann wurde wiederholt das Schuppentor verschlossen: Die Beteiligten wollten sich selbst von den damaligen Lichtverhältnissen im Gebäude überzeugen. Schließlich will Zeugin L. nach eigener und inzwischen vereidigter Aussage die Tat aus einem Versteck heraus beobachtet haben. In der Vor-Ort-Verhandlung ließen sich die Richter von der Staatsanwaltschaft den Verlauf der Tat erklären, um danach Raffaela L. zu befragen, die im Beisein eines Anwalts erschienen war. Der Angeklagte war bereits rund eine Stunde vor dem angesetzten Termin an seinem bisherigen Wohn- und Geschäftshaus eingetroffen, wurde jedoch in dem silbergrauen und mit abgedunkelten Scheiben ausgestatteten Dienstfahrzeug streng bewacht. Mit Fußfesseln betrat er, flankiert von drei Justizbeamten, das Gebäude, den Kopf durch eine Kapuze verdeckt. Raffaela L., die zunächst unerkannt in ihrem in der Nähe geparkten Fahrzeug geblieben war, wartete in der nahen Polizeistation. Im Visier von Reportern und Kameraleuten gelangte sie später in Begleitung ihres Anwalts über den Ausstellungsraum in den angrenzenden Schuppen. Durch dessen geöffnetes Tor konnten Passanten auch erkennen, dass Teile des Fußbodens sich hell von den übrigen Flächen absetzten. Dem Vernehmen nach war der Estrich nach der Bluttat ausgetauscht worden, weil sich die Flächen nicht mehr reinigen ließen. Gerichtssprecher Thorsten Garbe erklärte auf SW-Anfrage, dass das Innere des Schuppens eigens für den Ortstermin rekonstruiert worden sei. Denn nach dem Mord an Ines K. war der Geschäftsbetrieb noch bis zur Verhaftung des verdächtigten Handwerksmeisters am 30. September sowie darüber hinaus weiter gelaufen. Die räumlichen Gegebenheiten am 27. Mai 2015 dokumentieren die unmittelbar am Tattag aufgenommenen Fotos der Polizei. Um den damaligen Einrichtungszustand bestätigt zu wissen, war deshalb auch ein früherer Mitarbeiter des Beschuldigten als Zeuge geladen. L. rügte jedoch einige Gegebenheiten in dem Gebäude: Dies habe sie anders in Erinnerung. Im Wesentlichen aber blieb sie bei ihrer Darstellung über den Tathergang. Welche Schlüsse das Gericht aus den Vernehmungen beim Ortstermin ziehen wird, bleibt abzuwarten. Die mündliche Verhandlung wurde am heutigen Mittwoch in Bückeburg fortgesetzt. Die Urteilsverkündung ist bislang für den 23. Mai vorgesehen. Foto: al
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Weitere Klärungsversuche am Tatort
Richter, Beschuldigter und Zeugen treffen sich in Lauenau / Rekonstruktionen
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