1. Vom treuen Begleiter zum Wegwerfartikel und zurück

    Dobbys Odyssee: Eine Geschichte zwischen Naivität und Mitleid / "Gesetzlicher Riegel gegen wahlloses Verschenken"

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    BAD NENNDORF (jl). "Man kann Tiere nicht einfach verschenken oder in die Tonne treten wie das Kaffeeservice, das einem nicht mehr gefällt", ärgert sich Jutta Schneider maßlos, während sie eine Mappe durchblättert. Darin heftet auch ein Vertrag. In dem heißt es wörtlich: Der Hund "wird verkauft wie besichtigt" und "der Verkäufer haftet nicht für etwaige Mängel". "Das stößt einem wirklich bitter auf", sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins Rodenberg/Bad Nenndorf. In den Händen hält sie die Akte von Dobby, ehemals Zeus, ehemals Otello. Es ist die verschriftliche Odyssee, die der sechsjährige Dobermann bisher durchstehen musste. Es ist eine Geschichte zwischen Naivität und Mitleid, zwischen unüberlegtem und richtigem Handeln. Es ist ein trauriges Beispiel des "Wegwerfartikels Tier".

    Anfang April 2010 kommt der braune Dobermann bei einer Züchterin zur Welt. Kurz vor der Abgabe wird sein Schwanz gestutzt – das sogenannte Kupieren ist in Deutschland seit Jahren nur noch bei medizinischer Notwendigkeit und Jagdgründen zulässig. Mit acht Wochen wechselt der junge Hund in ein neues Zuhause, nach gut 14 Tagen verkauft ihn sein Besitzer nach Griechenland. So besagt es zumindest der tierische Lebenslauf. Ob Dobby tatsächlich dort war, ist nicht gewiss. Nur dass ihn Anfang Oktober desselben Jahres wieder der Besitzer in Nordrhein-Westfalen erwirbt. Vor einem Monat lässt sich ein Schaumburger Familienvater den völlig unterernährten und ungepflegten Rüden – mit inzwischen kupierten Ohren – schenken. Aus Mitleid. Acht Tage später zieht Dobby in der hiesigen Tierauffangstation ein. Sein Schicksal teilt er sich mit vielen anderen Vierbeinern. "Wir könnten jede Woche zwei Hunde aufnehmen, weil sie von Tierhaltern unüberlegt angeschafft wurden", verdeutlicht Schneider. Ein großes Problem stelle dabei der schnelle Kauf oder besser: die Anschaffung über das Internet dar. "Hund zu verschenken" prangt dort zuhauf über Kleinanzeigen. Das seien oft die Tiere, die irgendwann vor den Pforten der Tierheime oder angebunden in der Prärie landen, seufzt Schneider. "Wir wollen helfen und wir klären auf. Aber auch die Tierhalter sind gefragt. Das Stichwort lautet Verantwortung." Ihr Wunsch: einen gesetzlichen Riegel vor das wahllose Verschenken von Tieren im Internet zu schieben. Dem überforderten Mann im Fall Dobby, der sich an die Tierschützer wandte, kann Schneider aber keine großen Vorwürfe machen. "Hätte er ihn nicht mitgenommen, wäre das Tier wahrscheinlich elendig zugrunde gegangen." Zumal er den Rüden wegen seines sehr schlechten Gesundheitszustandes auch umgehend zum Tierarzt brachte. Wer den aufgeweckten Dobbermann heute sieht, wie er lebensfroh über das Gelände flitzt, mit seinem Zottel herumtollt und danach hartnäckig Streicheleinheiten einfordert, spürt was Jutta Schneider meint, wenn sie sagt: "Tiere sind Lebewesen, auch sie haben eine Seele." Foto: jl

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