Lügde (afk). Der Landesverband Lippe hat neu eine Kulturabteilung eingerichtet. Dessen Leiterin ist seit einem halben Jahr Dr. Doreen Götzky. Grund genug für den SPD Ortsverein Lügde die promovierte Kulturwissenschaftlerin einzuladen, um sich bei einem Themenabend mit Kulturinteressierte und -schaffenden vor Ort über ihre und die Vorstellungen der ehrenamtlich in den Vereinen Engagierten auszutauschen. Einen Masterplan habe sie weder in der Tasche, noch habe sie vor, einen solchen zu erarbeiten, machte die gebürtige Hildesheimerin gleich zu Beginn deutlich. Ihr sei mehr daran gelegen Kultur in Lippe mit den Menschen zusammen zu gestalten statt ihnen fertige Konzepte überzustülpen. Das führe zur Distanz zwischen den Kulturschaffenden und den Kulturnutzern. Als Gesamtverantwortliche für die Kulturarbeit, kulturpolitische Themen in Lippe und alle Kultureinrichtungen des Landesverbandes sei ihr schon daran gelegen, Kultur wieder näher an die Menschen heranzubringen. Global betrachtet glichen die Rahmenbedingungen der Kulturförderung in Deutschland einem Schlaraffenland, sagt sie. Über neun Milliarden Euro stehen von Ländern und Kommunen dafür zur Verfügung. Am stärksten profitieren davon die rund 150 Staats- und Landestheater, die 6.000 Museen, und die Orchester – alle Personalintensive Betriebe, die vorwiegend in den Ballungszentren und größeren Städten zu finden sind, während kulturelle Arbeit im ländlichen Raum vor allem ehrenamtlich gestützt werde und nicht unbedingt vom großen Kuchen profitiere, stellte sie fest. Wenn das "Große Geld" dadurch schon größtenteils verplant ist, gebe es für anderes kaum noch Spielraum. Das Weserrenaissance-Schloß Brake beispielsweise habe noch nicht mal einen eigenen Ausstellungs- und Ankaufetat. "Wir leben zum großen Teil vom erwirtschafteten Gewinn aus dem Holzverkauf aus unserem Forst", machte sie deutlich. Ihre Dissertation hat die Wissenschaftlerin über Kunst und Kultur im ländlichen Raum geschrieben. Auf diesem Gebiet hat sie wissenschaftlich gearbeitet und festgestellt, dass es in Deutschland eine immer stärker anbieterorientierte Kulturförderung gebe, die mehr die Schaffenden als den Nutzer im Auge habe. "Dadurch entfernen sich Kulturschaffende und Nutzer voneinander", sagte sie. "Es bleibt die Frage: Wer muss wen wahrnehmen?" Andere Fragen wie "Was bringt mir Kultur?" und "Wann nutzen Menschen Kultur und wann nicht" werden häufig beantwortet mit "keine Zeit" oder "Kultur ist wichtig, aber hat mit meinem Leben nichts zu tun"– eine fatale Entwicklung, der entgegengewirkt werden muss, wie sie meint. Auch dass Kultur teuer sei, lässt sie als Argument nicht gelten. Dr. Götzky will den Wert der Kultur im Ansehen der Menschen erhöhen, indem diese auch besser vermittelt werden soll. Grundsätzlich seien die Leute für Kunst und Kultur in ihren vielen Facetten durchaus empfänglich und erreichbar. Immerhin spielen Kunst und Kultur auch als Marketinginstrumente auf dem hart umkämpften Freizeitmarkt eine bedeutsame Rolle. Sie weiß auch, dass die potenziellen Nutzer in allen Altersschichten durchaus vorhanden sind und konstatiert: "Es gibt keine kulturfernen Menschen, sondern nur Hochkultur-Entfernte." Die Zielgruppen und deren Interessen seien allerdings heterogener geworden. Nur acht Prozent sind Stammnutzer von Kultur, 40 Prozent "unterhaltungsorientierte Gelegenheitsnutzer". Ein Ansatzpunkt ist für sie die Jugendarbeit. Junge Menschen dürften Kulturerfahrungen nicht nur durch ihren meist einmaligen Theater-Pflichtbesuch im Rahmen des Unterrichts machen. Vielmehr sollten sie angehalten werden, Kunst und Kultur in ihrer gesamten Bandbreite kennenzulernen, nicht nur als Konsument sondern auch aktiv, ob als Musiker, Schauspieler, Sänger oder ähnliches. In der anschließenden offenen Diskussion mit der Referentin wurde zum einen die Lage Lügdes in unmittelbarer Nähe zum Staatsbad Pyrmont mit dessen vielfältigen Kulturprogramm, aber auch nach Detmold oder Höxter hervorgehoben. Lügde selbst habe durchaus einiges im Bereich Kunst und Kultur zu bieten von dem Mathematiker Johanns Gigas, dem Bildhauer Heinrich Drake über den Osterräderlauf, die älteste romanische Kirche St. Kilian bis zu den Museen, den Kulturbühnen im Kloster mit der erfolgreichen Reihe "Kultur im Kloster" oder der Marktscheune Elbrinxen, in der externe wie interne Künstler auftreten. Nicht immer werde allerdings Lügde mit Angebot und Wertigkeit seiner kulturellen Veranstaltungen im lippischen Raum wahrgenommen, reklamierten die Diskutanten. Die Zusammenarbeit mit dem Landesverband Lippe wurde den Vereinsvertretern als inzwischen problemlos gezeichnet. Dieter Stumpe sprach dabei beispielhaft die Unterstützung bei der Einrichtung des Lügder Mythenweges an, Josef Huppertz die Hilfe bei der Ausstellung zum Ersten Weltkrieg.
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Kultur muss wieder näher zu den Menschen
Leiterin der Kulturabteilung beim Landesverband Lippe in Lügde
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