1. Warum Eva aus der heutigen Frauensicht keine gute Figur macht

    "Ton in Ton" widmet sich unterhaltsam weiblichem Part in Gewölbemalereien

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    HÜLSEDE (jl). Was dabei herauskommt, wenn die junge Frau von heute ein vor gut 450 Jahren gemaltes biblisches Ebenbild betrachtet, haben Kantorin Christina Ziegler und ihr Team gezeigt. In der Hülseder St.-Aegidien-Kirche machten sie sich auf "die Suche nach der Quotenfrau". Zahlreichen Besuchern eröffneten sie im Rahmen der "Ton in Ton"-Reihe eine weiblich geprägte Sicht auf die Gewölbemalereien von 1577.

    In einem fiktiven Brief an den "unbekannten Maler", gelesen von Kirchenvorstand Clemens-Christian Stummeyer, wollte "die Kirchenmusikerin" wissen, warum nur so wenige Damen in den biblischen Deckenbildern zu finden sind. "Waren die denn gerade alle am heimischen Herd am Kochen?", fragte sie sich und begann das Zählen: Maria, Eva, eine Frau bei der Seepredigt, zwei Frauen vor der Arche Noah, zwei vor der brennenden Stadt Sodom und fünf beim Durchzug durchs Rote Meer. Darunter die kniende Mirjam, die die Schreiberin auch noch als ursprünglichen Mann entlarvte. "Sie haben nur den Kopf ausgetauscht", meinte sie mit Blick auf den als Vorlage verwendeten Holzschnitt von Jost Amman. Ihr Ergebnis: zwölf Frauen und, bei hundert Männern, eine beachtliche Quote von 10,7 Prozent. Zu Höchstform liefen zwischendurch die Nachwuchsschauspieler David und Amelie Behring sowie Desideria Franke vom "TonTheater" auf. "Die ist aber hässlich! Der Haaransatz, viel zu weit hinten. Das Gesicht, wie ein Mann!", lästerten die beiden Damen über keine Geringere als Eva, während sie der Kirchenführer mit Blick zum Gewölbe durch das Gotteshaus schickte. Sie kritisierten fehlende Gleichberechtigung (Isaaks Mutter wurde gar nicht erst gefragt, was sie zur Opferung ihres Sohnes sagt), fanden es unfair infolge weiblicher Neugier zur Salzsäule zu erstarren und diskutierten über das Geschlecht des Teufels im Weltgericht. Kurzweilig ist sogar Martin Luther – in Form von Anina Wille – auferstanden. Von der Kanzel schmetterte er seine mitunter diffamierenden Ansichten über den Ehestand ins Auditorium.Die thematisch passende Musikbegleitung lieferten der St.-Lukas-Singkreis, Trompeter Hartmut Grün, Ziegler am Keyboard und an der Orgel sowie die mitsingenden Besucher selbst. Für Gänsehaut sorgte Solistin Celina Ohlhof, die nicht nur mit dem Lobgesang auf Maria brillierte. Kurz um: Es war eine Veranstaltung zum Nachdenken wie Schmunzeln und Genießen. Foto: jl

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