1. Lokal handeln um global zu verändern

    Experten diskutieren beim Forum der Bürgerenergiewende Schaumburg in der Wandelhalle mit

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    BAD NENNDORF (wa). Wie können wir gemeinsam die Energiewende zum Klimaschutz vorantreiben? Dieser großen Frage hat sich erneut das Forum der Bürgerenergiewende Schaumburg gestellt. Knapp 100 Gäste diskutierten, Experten mit interessierten Bürgern und Machern aus Schaumburg, in der Wandelhalle Bad Nenndorf. Unter dem Titel: "Nach dem Weltklimavertrag von Paris – Verpflichtung, Aufgaben und Chancen für Schaumburg" führte der erste Vorsitzende der Bürgerenergiewende, Manfred Görg in die Veranstaltung ein: Er erinnerte an die deutsche Atomkraftgegnerin Marianne Fritzen, die eine Nacht vorher verstorben war.

    Die Einigung der Staatengemeinschaft der Welt in Paris auf notwendig ehrgeizige Ziele zur Klimastabilisierung macht Hoffnung und verleiht der Arbeit des Vereins Schub. Umgesetzt werden müsse dies nun durch die Regierungen und letztlich vor Ort in den Kommunen. Laut Görg behindere die Bundesregierung derzeit den schnelleren Umstieg auf Erneuerbare Energien und den geordneten Ausstieg aus der Kohle. Außerdem verhindern viele Bürger auch vor Ort die Energiewende, da sie die Errichtung von Windrädern mehr als Bedrohung statt als Chance sehen. Zunächst referierte der ehemalige Präsident des renommierten Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie und Träger des deutschen Umweltpreises von 2014, Prof. Dr. Peter Hennicke zum Thema: "Wissenschaftliche Visionen in die Praxis umsetzen - Halbzeit beim "Gemeinschaftswerk Energiewende": Kommt die Energie zurück in die Gesellschaft?". Die Energiewende sei kein deutscher Sonderweg, sondern ein weltweiter notwendiger Prozess einer großen gesellschaftlichen Transformation. Das Credo: Eine erfolgreiche deutsche Energiewende könne zum Leitbild für eine globale Energiewende werden. Er beschrieb fünf Postulate für eine neue Klimaschutzpolitik: 1. Die Ökonomen-Idee des globalen "Burden sharing"über Bord werfen, die Co-Benefits verdeutlichen und forciert erschließen, die globale Energiewende (REN+REG) gegen die "Weltmacht Energie" durchsetzen, Vorreiterrollen umsetzen: Lokal handeln, um global zu verändern, und: Hochskalieren Beschleunigen und das Ambitionsniveau steigern. Mit kritischen Worten bewertete er die aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene - das Ausbremsen des Ausbaus der erneuerbaren Energien vor allem durch die EEG-Reform,  die Blockadehaltung gegen eine wirksamere Effizienzrichtlinie der EU oder die Forderungen der (Braun-) Kohle-Lobby nach Festschreibung einer unverzichtbaren Rolle als "Brückentechnologie" bis etwa Mitte des Jahrhunderts –alles passe einfach nicht zu den Zielvorgaben aus Paris. Dipl. Ing. Kaspar Knorr vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) Kassel erklärte, dass die weitverbreitete Vorstellung, dass eine sichere Stromversorgung nur mit konventionellen Großkraftwerken gewährleistet werden könne, eine Falschinformation sei. Er leitete ein entsprechendes Projekt mit dem Titel "Kombikraftwerk 2". In seinem Vortrag stellte er sehr anschaulich dar, wie in Stundenschritten über ein Jahr verteilt bei realistischen Wetterbedingungen, die räumlich kleinteilig abgebildete Stromnachfrage jederzeit durch das Zusammenwirken von Stromerzeugung vor allem aus Wind und Photovoltaik, durch Einsatz von Speichertechnologien, Nachfragemanagement und durch räumlichen Ausgleich über die Transportleitungen gedeckt werden können. Die Untersuchungen seines Projekts zeigen unter anderem auf, dass zumindest die Südlink-Trasse für die Stabilisierung des Netzes und den großräumigen Ausgleich sehr hilfreich ist. In der anschließenden Podiumsdiskussion kamen vor allem die Zuhörer mit Fragen und Beiträgen zu Wort. Deutlich war zu spüren, dass dieses Thema für alle Teilnehmer von hoher Bedeutung ist. Kontrovers blieb die Einschätzung des weiteren Zubaus der Windenergie und der Rolle des Landkreises dazu. Hier sollen weitere Veranstaltungen des neu gebildeten "Kompetenzteams Wind" und Gespräche mit dem Landkreis folgen. Mike Schmidt, Bürgermeister Nenndorfs ist da ganz anders gepolt: Seine Kommune sei schon jetzt kreisweit Spitzenreiter in der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien. Man habe mit der Ausweisung neuer Vorranggebiete für Windenergie im Flächennutzungsplan seine "Hausaufgaben" erfüllt und werde damit in Zukunft den gesamten Strombedarf der Samtgemeinde aus erneuerbarer Erzeugung decken können. Dennoch werde man sich darauf nicht ausruhen und weitere Anstrengungen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien unternehmen, sagte er in seiner Rede. Zusammen mit der Klimaschutzagentur Hameln-Pyrmont, berichtete Landrat Jörg Farr, dass sich der Landkreis Schaumburg derzeit um eine erweiterte Förderung des Klimaschutzes aus Bundesmitteln bewirbt. Er empfinde es als vor allem als besonders wichtig, bereits die Jugend an Erneuerbare Energien und Klimaschutz heranzuführen. Burghard Massante, Vorstand der im Oktober des letzten Jahres geründeten BürgerEnergieGenossenschaft Schaumburg eG gab grünes Licht für die Beteiligungen an der eG in Bürgerhand. Das bedeutet nicht nur Realisation sinnvoller Projekte, es bedeute, dass die Wertschöpfung zunehmend in Schaumburg stattfinden könne. Die Genossenschaft biete den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen dafür. Anteile können ab sofort erworben werden – Stimmrecht inklusive. "Dass es nicht nur trocken zuging, sondern mit viel Sympathie und Freundlichkeit Raum für gegenseitiges Verständnis geschaffen wurde, ist vielleicht die Besonderheit des Bürgerenergie-Forums Schaumburg 2016 in Bad Nenndorf gewesen", sagte Heinz-Jörg Kohlenberg, Sprecher der Bürgerenergiewende Schaumburg abschließend. Foto: wa

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