1. Geschichten aus der Region und die Entführung nach "Anderswo"

    Marlies Kuhlmann liest in der Begegnungsstätte / Alte und neue Geschichten

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    Kuhlmanns titelgebendes Gedicht "Ein Morgen im Schlosspark" ließ vor dem inneren Auge ein eindrückliches Stimmungsbild in all seinen Facetten entstehen und stimmte das Publikum auf die Hommage an einen Ort ihrer Kindheit ein: Die Georgstraße. In der Kurzgeschichte "Gesichter einer Straße" nahm die Autorin ihre Zuhörer mit auf eine Zeitreise von den 1950ern bis ins Jetzt. Gemeinsam mit der Entwicklung der Hauptfigur Lisa verändert sich im Laufe der Geschichte auch immer wieder die Gestalt der Straße: Von der Zeit, als die Gaslaternen noch per Hand angezündet wurden, über die damalige Bäckerei Voth und das Haus der Autorin Lulu von Strauß und Torney bis zum Magnolienbaum vor der ehemaligen Tierarztpraxis und dem neu gebauten Kreisel. Für Kuhlmann ist diese Erzählung "meine persönliche Liebeserklärung an die Georgstraße". Vergnügliche Kinderlogik gab es aus dem Buch "Schau mal, wie der Himmel fährt" zu hören – eine erheiternde Sammlung von Geschichten und Anekdoten von kleinen Besserwissern und Weltverstehern. Ein Cabrio wird da schon mal mit den Worten "Oh, kaputt" kommentiert und bei Gewitter schützt natürlich der "Blitzarbeiter" das Haus und schickt den Strom in die Erde. Und: "Wo steht eigentlich der Mann, der Denkmal heißt?" Die Geschichten von Marlies Kuhlmann, und sind sie noch so kurz, verzaubern durch ihre Wahrhaftigkeit. Denn in fast allen steckt ein wahrer Kern, sei es durch die eigenen Erinnerungen an Orte, Menschen und Situationen oder durch persönliche Berichte und Anekdoten. "Meist schreibe ich über Begebenheiten oder Menschen, die mir lieb und wert sind und die ich selber kenne", verriet die Autorin ihrem Publikum und wies auf die folgende Geschichte hin: "Czapka". Darin erzählte Kuhlmann die unglaubliche Lebensgeschichte einer Schneiderwitwe, die in den Wirren der Nachkriegszeit unerwartet ihre Mutter wiederfindet. Auf der Flucht aus Ostpreußen von ihrer Mutter getrennt, durchläuft das 17-jährige Mädchen mehrere Arbeitslager von russischer und polnischer Seite. Bis ein fremder, polnischer Aufseher sie auf ihre ungewöhnliche, graue Strickmütze ("Czapka") mit den Ohrenschützern anspricht, sie in einen Wagen steckt und mit ihr in ein anderes Arbeitslager fährt. In der Küche des fremden Lagers steht das völlig verängstigte Mädchen plötzlich ihrer vermissten Mutter gegenüber – die die gleiche Mütze trägt. Der Aufseher hatte sich an die eigenartige Form der Kopfbedeckung erinnert und beide wieder zusammengeführt. Zu hören gab es neben weiteren "Menschengeschichten" der Autorin, die "heilsamen" Tagebucheinträge eines Klavierstimmers sowie Auszüge aus dem Buch "Luftballon und Riesenfüße" und dem Hörbuch "Schaumburger Gespenstergeschichten". Letzteres hat Kuhlmann im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Rezitator und Autor Frank Suchland liebevoll vertont. Aktuell arbeitet die Autorin an einer Fortsetzung ihrer Gespenstergeschichten.Foto: sk

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