1. Knallharter Weltmarkt macht den 
hiesigen Bauern das Leben schwer

    "Existenz der heimischen Betriebe bedroht", warnt Kammerpräsident Gerhard Schwetje beim Landvolktag

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    Auch Gast Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, gab einen Einblick in den Preisverfall, der immer mehr die Existenz der heimischen Betriebe bedroht: Rein wirtschaftlich stünden viele Betriebe schon vor dem Aus. Die deutschen Landwirte sind dem Druck des Weltmarktes ausgeliefert. "Experten sehen die Milchpreise zukünftig unter 20 Cent. Im Vergleich zum Liter Mineralwasser ist das aberwitzig und ruinös", erklärte Herman Grupe beispielhaft. "Ein Preis selbst unter 30 Cent ist erbärmlich", unterstrich auch Gerhard Schwetje und schilderte die Folgen: Die Erträge brachen bei den Milchbauern in den vergangenen Jahren von durchschnittlich 86 000 auf 
24 000 Euro ein. Die Anzahl der Betriebe ging um 40 Prozent zurück. Auch die Schweinebauern sind von Niedrigpreisen betroffen: Lag der Kilopreis für Schlachtschweine Ende 2013 noch bei 1,70 Euro/Kilo, so ist er aktuell auf 1,24 Euro/Kilo gefallen. "Allein in den letzten zwei Jahren ist das Einkommen der Landwirte in diesem Bereich um 55 Prozent zurückgegangen", berichtete der Kammerpräsident. Fallende Preise gibt es ebenso im Ackerbau. Die Landwirte zehren aktuell von ihrem Eigenkapital, verdeutlichte Gerhard Schwetje. Auch die Quote von Fremdkapital auf den Höfen nimmt zu, einen vernünftigen Lohn würden sich viele schon lange nicht mehr auszahlen –"Selbstausbeutung", fasste er die Lage zusammen. Doch nicht nur die Preise treiben den Landwirten Sorgen- und mitunter Zornesfalten auf die Stirn. Dringend benötigte Zuschüsse und EU-Prämien würden beispielsweise durch monatelange Prüfungen verzögert. "Diese pingelige Bürokratie bedroht die Existenz", sagte Herman Grupe. Zudem laste ein medialer und gesellschaftlicher Druck auf den Landwirten, erklärte Gerhard Schwetje: Überall und stets werde dem Fortschritt applaudiert, doch bei der Landwirtschaft bleibe der Applaus aus. "Ich denke, dass sich keiner die Ställe und die Haltungsbedingungen von vor 40 Jahren zurückwünscht", stellte der Kammerpräsident klar. Die Landwirtschaft habe eine gewaltige Entwicklung vollzogen, gefühlt sei für die Verbraucher nichts teurer geworden. "Es ist schizophren: Erst wird das Fleisch vom Discounter gegessen, danach werden die Produktionsbedingungen kritisiert." Kammerpräsident Schwetje war daher bemüht, Strategien aufzuzeigen und einen positiven Ausblick zu geben. Preise, die ein Auskommen ermöglichen, sowie eine gesellschaftliche und politische Akzeptanz seien notwendig. Der Blick müsse auf die Familien in der Landwirtschaft gelegt werden. "Geht es den Bauernfamilien gut, so wird es auch dem Boden und den Tieren gut gehen", erklärte er. Nicht vor den Problemen die Augen verschließen und abwarten, mahnte der Kammerpräsident. "Die junge Generation hat ökonomisch mehr Sachverstand als meine Generation", verdeutlichte Gerhard Schwetje – der gut ausgebildete eigene Nachwuchs sei die Chance für die Zukunft. Foto: mh

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