1. Nachdenkliches in amüsanter Verpackung

    Philipp Weber hielt den Menschen im Lügder Klostersaal den Spiegel vor

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    Lügde (afk).Trinken ist ein wichtiger Teil der Kultur, darum muss vernünftiges Trinken gelernt sein. Mit dieser Aussage sprang Philipp Weber auf die Bühne und versetzt die gut einhundert Zuhörer im Lügder Klostersaal ins Erstaunen. Es dauert keine fünf Minuten, bis der Kabarettist aus dem Odenwald sein Publikum in Hochstimmung versetzt.

    "Ich komme aus dem Odenwald, da feiern wir immer Blütenfeste. Als wir noch ein Schwimmbad hatten, haben wir auch ein Algenblütenfest gefeiert", begründet er den hohen Alkoholkonsum in seiner Heimat und schließt das westfälische Lügde in die Exzesse gleich mit ein. Auch in seiner erzkatholischen Heimat habe er in Spitzenzeiten gleich drei Marienerscheinungen gehabt. Woran hat das wohl gelegen? Pausenlos lässt der Schnellsprecher die Pointen prasseln. In seinem neuen Bühnenstück "Durst - Warten auf Merlot" räumt er mit scharfsinnigen Beobachtungen zu gesellschaftlich relevanten Themen auf und hält dem begeisterten Publikum den Spiegel vors Gesicht. Da hilft auch kein weggucken. Erika und Ulrike in der dritten Reihe bezieht er in sein gut zweistündiges Programm immer wieder mit ein. "Wussten Sie, dass auf den deutschen Weihnachtsmärkten 180 Millionen Liter Glühwein verpanscht und gesoffen werden? Alles fein verpackt in weihnachtliche Stimmung." Vernünftiges Trinken will gelernt sein, meint er. Das gelte auch für die 23.000 stationär behandelten Rentner, die nachts häufiger mal raus müssen: "Jetzt wissen wir endlich wohin - sie gehen zur Ü 80 -Party mit betreutem Trinken." Alle Pointen werden gefeiert, doch eigentlich sollen die Sketsche auch nachdenklich stimmen, sie sind quasi bierernst. Die Leistungsträger unserer Gesellschaft langen offensichtlich kräftig zu, der Alkohol dient da als Schmiermittel. Droht Deutschland in seinem eigenen Durst zu ertrinken? Früher war trinken noch harte Arbeit, so jedenfalls habe es ihm sein Onkel Rudi gelernt, der alkoholfreie Biere ebenso abgelehnt habe wie Red Bull. Das Zeug schmecke wie der Morgenurin eines zuckerkranken Gummibärchens. Manche glauben sogar Stierhodenextrakt herauszuschmecken. Aber dann handele es sich ja nur um eine Ochsenschwanzsuppe. Philipp Weber ist nicht nur ein hochtalentierter Kabarettist, er ist auch studierter Chemiker. Und mit dieser Doppelbegabung schafft er es, den Verbraucherschutz zur humoristischen Kunstform zu erheben: "Wir haben das innere Maß verloren, haben verlernt zu genießen. Red Bull schmeckt wie ein Chemieunfall, die Jugend ist kandiert davon. Wo ist das deutsche Reinheitsgebot geblieben?" Zucker sei der Stein der Industrie, ist eine Volksdroge geworden. Weber redet sich in hoher Geschwindigkeit gekonnt in Rage, schlägt den Bogen vom Alkohol zu den Lebensmitteln mit Siegelmarken, Kaffee in Kapseln das Pfund umgerechnet für sechzig Euro eingerechnet. Und er prangert die Verschwendungssucht der Menschen mit dem wertvollsten Element an - dem Wasser. Täglich verbraucht jeder Mensch durchschnittlich 4.000 Liter Wasser, sei es zum Trinken oder für das Herstellen von Waren wie Fleisch, Kaffee, Textilien. "Ökologisch gesehen ist also der Tanga-Slip besser als eine Kittelschürze - auch in eurem katholischen Lügde", prustet er heraus und lässt sich von seinem johlenden Volk feiern. "Wir saufen die Erde noch leer", hebt Weber abschließend warnend den Finger und präsentiert den Besuchern eine lebensmittelchemische Fortbildung, Ernährungsberatung und Verbraucherschutz verpackt mit mitreißendem und hintersinnigem Humor. Ja, trinken ist wichtig. Aber muss es das Tasmanische Wasser oder Fidschi Wasser sein? "In Passau sollte ich dafür 16 Euro pro Flasche bezahlen, dabei saufen die doch regelmäßig alle zwei Jahre ab", kalauert er. Er hatte auch einen Tipp für Lügdes Stadtväter dabei: "Lügder Emmerwasser - naturtrüb" - da könnt ihr Kohle machen... Und wie sagte es doch sein Onkel Rudi? "Wenn Gott gewollt hätte, dass wir Wasser trinken sollen, hätte er es nicht versalzen". Fazit von zwei Stunden bester Kabarettunterhaltung: bitte weiterhin den Schoppen Wein genießen und das kühle Bier aus dem Kühlschrank - aber alles in Maßen.

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