1. Lösungen finden – ohne Pauschalurteil

    Das Stadthäger Mädchen- und Frauenberatungszentrum "Basta" bezieht Stellung zu den Silvestervorfällen in Köln

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    STADTHAGEN (tr). Nach den mutmaßlich hunderten sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht in Köln hat sich schnell einiges bewegt. Bei Bürgern und Politikern. In der Presse und in der Gesellschaft. In positive und in negative Richtungen. Die einen fordern strengere Gesetze, andere instrumentalisieren die Taten Einzelner, um Stimmung gegen Flüchtlinge im Allgemeinen zu machen.

    Die Mitarbeiterinnen des Stadthäger Mädchen- und Frauenberatungszentrums "Basta” bringt das in einen Zwiespalt. Es sei durchaus positiv, dass das Thema der sexuellen Gewalt gegenüber Frauen nun sehr tief ins Bewusstsein und die öffentliche Diskussion dringe, sagen Gisa Meier-Floeth, Birgit Baron und Ingetraud Wehking. Ebenso positiv wie die Tatsache, dass es nun viele Frauen gebe, die sich trauen, Anzeige zu erstatten, "das ist leider nicht immer der Fall”. Abgesehen von der Dimension der Taten sei das alles aber weder neu, noch ein Problem speziell der letzten Wochen oder Monate. Kritisch sehen die Frauen zudem, dass sich das Thema derzeit stark mit der Flüchtlingsthematik mische. "Sexuelle Gewalt, und das nicht zu knapp, gab es vorher auch”, sagt Baron. Jede siebte Frau sei in ihrem Leben von schweren Taten dieser Art betroffen. Trotzdem sei es gut, "nicht so zu tun, als hätten die beiden Themen überhaupt nichts miteinander zu tun”– denn die Migration von Männern aus anderen Kulturkreisen verschärfe das Problem tatsächlich. Diese Verschärfung käme nüchtern statistisch betrachtet aber zwangsläufig, wenn mehr Männer nach Deutschland kommen, ganz egal, aus welcher Kultur. Doch wie könnte speziell der (sexuellen) Gewalt im Zusammenhang mit Flüchtlingen entgegengewirkt werden? "Es ist deutlich zu sagen: Es gibt hier Regeln, die gelten”, meint Wehking. Um diese zu vermitteln, seien der persönliche Kontakt, die Begleitung im Alltag am besten geeignet – die Frauenberaterinnen wissen aber, dass eine individuelle Betreuung angesichts des vorhandenen Personals utopisch ist. Aus diesem Grund gehöre das Thema "in jeden Deutsch- und Integrationskurs”, die Sensibilisierung müsse bereits in den Erstaufnahmestellen beginnen. "Man muss genau hingucken – weder pauschalisierend in die eine, noch die andere Richtung. Alle sollen kommen, die Zuhause bedroht sind”, stellte Baron fest, "wir müssen aber gucken, was es außer einer Unterkunft noch braucht.” Es gelte, gemeinsam eine Lösung zu entwickeln. Verhaltensregeln für Frauen seien jedenfalls kein Teil davon. "Das hat nichts damit zu tun, wie sich jemand anzieht oder ähnliches”, stellen die Beraterinnen klar, "die Frauen trifft keine Schuld.” Ihren inneren Zwiespalt bringen Meier-Floeth, Baron und Wehking noch einmal auf den Punkt: "Es ist teils schon bitter zu sehen, wie das Thema jetzt an falscher Stelle eine Renaissance erlebt und dass es erst diese massenhaften Übergriffe geben musste, die jetzt zum Teil als Schutzmäntelchen für verkappten Rassismus herangezogen werden.” Generell dürfe sich auch der Umgang mit sexueller Gewalt an sich verändern – eine große Zahl der Taten würde bagatellisiert. So zeigt zum Beispiel eine Fallanalyse des Bundesverbands der Frauenverbände aus dem Juli 2014: Eine Vergewaltigung wird von 84,5 bis 95 Prozent der Betroffenen nicht angezeigt. Bei den angezeigten Taten kommt es nur in zehn Prozent der Fälle zu einer Verurteilung. Foto: www.weisser-ring.de

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