1. Credo: "Bildung tut Not!"

    Thomas Freitag versprüht kabarettistische Nostalgie

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    Horn-Bad Meinberg (tl). Thomas Freitag kann sie alle: Politikerlegenden wie Helmut Kohl, Willy Brandt, Herbert Wehner und Franz Josef Strauß. Dabei imitiert der hessische Kabarettist nicht nur deren unterschiedliche Stimmen mit Bravour, sondern schauspielert mit reduzierter Gestik und expressiver Mimik die einstigen Altvorderen auf die Bühne. Im Kurtheater Bad Meinberg gab Freitag zu seinem 40. Bühnenjubiläum jüngst einen kabarettistischen Rundumschlag vor rund 300 Zuschauern: mit Highlights aus seinem aktuellen Solo "Der kaltwütige Herr Schüttlöffel" sowie mit Paradenummern aus vorherigen Programmen unter dem Titel "Nur das Beste".

    Und dass das Beste vom Besten bekanntlich zum Schluss kommt, beherzigte auch Freitag mit einem fulminanten Abgang gesungener Grammatik. Als Marcel Reich-Ranicki quäkt der Entertainer in gedehnter Manier des Literaturkritikers angesichts des Liedgutes "Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen" ins Auditorium: "Was wollen uns diese Textzeilen sagen?!" Da sind wir plötzlich gefühlt wieder im literarischen Quartett als Ein-Mann-Show und vermissen das genial Schrullige des verstorbenen Literaturpapstes. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten und ihre prägenden Charakterköpfe lässt Freitag immer wieder aufleben, und das Publikum dankt es ihm mit eifrigem Applaus. Carsten Hormes vom Kulturbüro OWL hatte in seiner Eröffnungsansprache noch darauf hingewiesen, dass das ostwestfälische Publikum gegebenenfalls eher "standing ovations nach innen" zeige. Aber nein, es zeigte seine Ovationen öffentlich, und zwar dem Mann, der gegen Bildungsarmut wettert – wie der kaltwütige Herr Schüttlöffel –, und der die breite Masse der gesättigten Mittelschicht anprangert. Stundenlang rede man übers Essen, und nicht nur an den Feiertagen. Früher hingegen habe man sich einfach schnell eine Stulle geschmiert, um weiter über gesellschaftliche Belange und Notstände zu diskutieren. Freitags allumspielendes Credo: Bildung tut Not!

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an