RINTELN (ste). Rinteln ist ein weißer Fleck auf der Karte der Windenergie. Und das soll nach der Auffassung vieler Ratspolitiker auch so bleiben, denn in endlosen Sitzungen der letzten Jahre wandten sich insbesondere CDU und WGS gegen geplante Standorte. Dabei ging es ihnen insbesondere um den Bereich Westendorf. Als kleineres Übel hätten sie Standorte in Goldbeck und an der Ellerburg ausgewiesen, doch dagegen gab es ein Veto vom NABU. Der wendet sich jetzt auch gegen den Standort von zwei Anlagen in Westendorf. Das SW fragte nach bei Dr. Nick Büscher (NABU) und Sönke Tangermann, Geschäftsführer der Planet energy GmbH und Vorstand der Greenpeace Energy eG. Beide vertreten in dieser Frage sehr konträre Positionen.
Der NABU, so Dr. Büscher, fordere seit Jahren eine naturverträgliche Energiewende und sei nie ein Verhinderer der Energiewende gewesen. Derzeit sei ein NABU-Positionspapier zur Windkraft in Arbeit, da dieses Thema derzeit für viele NABU-Landesverbände und -Gruppen virulent sei und Naturschützer es sich nicht einfach damit machten, sich für oder gegen einzelne Projekte auszusprechen. "Aus NABU-Sicht ist eine Energiewende möglich, welche jedoch die Ziele des Artenschutzes nicht aus dem Blick verliert - und es gibt sogar NABU-Gruppen in Schaumburg, die selbst Anteile an Windkraftanlagen besitzen und sich für die Errichtung derselben eingesetzt haben, wie es beispielsweise der NABU Auetal während der Pionierphase der Energiewende in den frühen 1990er Jahren getan hat", so Dr. Büscher. Und der NABU-Vorsitzende verteidigt die Haltung seiner Organisation: "Der NABU Rinteln hat sich in der Vergangenheit immer aus rein naturschutzfachlichen Gründen gegen die Errichtung von Windkraftanlagen im Einzelfall ausgesprochen und dabei nicht berücksichtigt, ob dies politisch opportun ist!" Anders sei es nicht zu erklären, dass der NABU 2004 noch ein Vorranggebiet für Windkraftanlagen in Westendorf als kleineres Übel befürwortet habe, übrigens "gegen den erklärten Willen der dortigen BI und der WGS". Die Alternative, ein Vorranggebiet an der Ellerburg, wäre aus NABU-Sicht katastrophal für den dortigen Rastvogelschutz gewesen wäre. Der Goldbecker Bereich war und ist immer ein wichtiges Habitat für den Schwarzstorch und dort brütende Rotmilane gewesen, sodass bereits in den 1990er Jahren der Landkreis Schaumburg die Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Bereich versagt habe und auch an der naturschutzfachlichen Bedeutung habe sich hier nichts geändert. Demgegenüber hätten WGS und Mitglieder der CDU-Kreistagsfraktion versucht, ein politisches Mandat zur Teillöschung des Landschaftsschutzgebietes in diesem Bereich zu erhalten, was bekanntlich aus guten Gründen gescheitert sei. Für das Gebiet bei Westendorf habe sich mittlerweile die Wertigkeit nicht nur wegen des Seeadler-Brutpaares im Wesertal und insbesondere im Bereich Hohenrode derart erhöht, dass der NABU ernsthafte Bedenken gegen das Projekt von Planet Energy habe: "Aus unserer Sicht ist das Zeitfenster nicht mehr vorhanden, in dem eine Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Bereich aus naturschutzfachlichen Gründen unbedenklich gewesen wäre", so Dr. Büscher. Die Verärgerung von Windkraftbefürwortern könne er jedoch durchaus verstehen: "Dass Rinteln seit Jahrzehnten jede einzelne Maßnahme zu verhindern versucht (...) liegt unter anderem auch daran, dass es den politischen Mandatsträgern zu gegebener Zeit am Mut gefehlt hat, ein Vorranggebiet für Windkraftanlagen auszuweisen!" Noch 2011 hatte sich der NABU für ein Vorranggebiet in Westendorf eingesetzt, jetzt müsse jede einzelne Maßnahme gesondert geprüft werden. Dr. Büschers Sichtweise bewertet Sönke Tangermann, Geschäftsführer der Planet Energy GmbH und Vorstand der Greenpeace Energy eG, erwartungsgemäß anders. In einer Pressemitteilung wehrt er sich gegen die Interpretation einer Tageszeitung zum Seeadler-Gutachten. Das Gutachten, so Sönke Tangermann, stelle fest, dass die Seeadler den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in deutlicher Entfernung zu den von Planet energy geplanten Windenergieanlagen haben. Anders als in den betreffenden Artikeln wiedergegeben, legten die Seeadler nicht 0,8 Prozent ihrer Flugstrecken in einem "Risikobereich" in unmittelbarer Nähe zur geplanten Windkraftanlage zurück, sondern in einem 500 Meter großen Pufferradius um die Anlagen. "Als ein Tochterunternehmen der Energie-Genossenschaft Greenpeace Energy, die von der Umweltschutzorganisation Greenpeace Deutschland ins Leben gerufen wurde, sind wir strengsten Kriterien verpflichtet und sehen den Natur- und Umweltschutz als unsere vordringlichste Aufgabe", schreibt Tangermann. Genau aus diesem Grund habe man das betroffene Gebiet von unabhängigen Gutachtern über mehrere Jahre untersuchen lassen. "Planet energy befindet sich aktuell im Gespräch mit den lokalen Vertretern des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), um das aktuelle Seeadler-Gutachten zu diskutieren und etwaig entstandene Missverständnisse aufzuklären." Und weiter: "Planet energy geht es in keinem Fall darum, die Interessen des Naturschutzes gegen die Ziele der Energiewende auszuspielen. Stattdessen nehmen wir eine genaue Abwägung beider Kriterien vor. Das bedeutet aber auch: Für ein Gelingen der Energiewende ist der Bau neuer Windkraftanlagen unabdingbar, wo immer dies unter ökologischen Kriterien vertretbar ist."Foto: privat/ste