1. Wittenberg liegt vor dem Loccumer Altar

    Pastoren machen Luthers Deutsche Messe lebendig / Statt Predigt zeigen die Pastoren ein szenisches Spiel

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    "Heute sind wir auf der Wartburg und in Wittenberg." Damit stellte Hirschler die Lokalität vor, in die rund 350 Besucher des Gottesdienstes sich einfühlen sollten. Wittenberg - dort, wo Luther vor nahezu 500 Jahren seine 95 Thesen öffentlich machte - war vor dem Loccumer Altar. Die Wartburg musste sich mit einem erhöhten Platz neben einer der mächtigen Säulen der Kirche begnügen und dort ließ sich gelegentlich Nendorfs Pastor Jens Mahlmann in der Rolle Martin Luthers nieder, um mit der Übersetzung der Bibel ins Deutsche zu ringen und am Anfang das Wort stehen zu lassen. Was Luther darüber hinaus in Wittenberg anrichtete, wie er sich eine Messe vorstellte, welche revolutionären Neuerungen er in die alte Zeremonie brachte und wie die Menschen es 1526, als er diese neue Form einführte, empfanden, stellten die Pastoren des Kirchenkreises dar. Teilweise ließen sie sich dabei von großer Menge vor dem Altar unterstützen. Die mitwirkenden und eigentlich doch zum Singen erschienenen Chöre fügten sich bereitwillig in dieses Schauspiel ein und mimten die Menge, die sich zum Abendmahl vor dem Altar versammelte. Singen durften sie dennoch etliche Male, denn Musik spielte zu Luthers Zeit eine noch weitaus größere Rolle im Gottesdienst, als es in evangelischen Kirchen heutzutage zelebriert wird – ob mit Chören und zum gemeinsamen Gesang mit der Gemeinde oder auch bei der Lesung des Evangeliums: gesungen hat es vom Lesepult herab Loccums Pastorin Corinna Diestelkamp. Der Unterschied des Abends zu Luthers Messe lag eigentlich lediglich in der Predigt – die es nicht gab, stattdessen aber eben das szenische Spiel der Pastoren. In Loccum hat sich diese Art, den Reformationstag mit Schauspiel zu begehen, längst zu einer Tradition entwickelt. Was manches Mal als "Pastoren-Theater" bezeichnet wird, setzen die Gemeinde-Leitenden aus dem Kirchenkreis gerne um und finden auch in jedem Jahr jemanden, der ein Stück zur Aufführung schreibt. Jens Mahlmann ist es in diesem Jahr gewesen, der sich des Stücks annahm. Den Hinweis darauf, wie er als Abt Burchardt vor zwei Jahren vom Münchehäger Bauern Meier erschlagen wurde, hätte Hirschler zu Beginn kaum noch geben müssen – lebhaft dürfte den meisten der Besucher jene Szene noch im Gedächtnis sein, wie er sich niederschlagen ließ, auf offener Bühne "starb" und auf der Bahre aus dem Altarraum getragen wurde. Ist das Stück damals aufgeführt worden, weil es Loccumer Geschichte war, die angesichts des 850-jährigen Bestehens des Klosters verdeutlicht werden sollte, so stand nun "Bild und Bibel"– das Motto des ausgehenden Jahres der Reformations-Dekade – im Mittelpunkt. Gottesdienst-Besucher in Loccum dürfen also schon gespannt sein, was auf den Tag genau ein Jahr später in der Klosterkirche aufgeführt wird, wenn das Reformationsjahr selbst beginnen soll. Foto: jan

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