1. Von heiter bis ernst

    Matthias Schlicht begeistert mit Kirchenkabarett

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    REHBURG (jan). Allerhand, was Matthias Schlicht seinem Publikum da an einem Abend zugemutet hat. Im Rehburger Bürgersaal nahm der Kirchenkabarettist seine Kirche und auch sich selbst gehörig auf die Schippe.

    Fundraising als evangelische Entdeckung der katholischen Ablasslehre – die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, in der Schlicht Gemeindepastor in Buxtehude ist, ist solche Vergleiche von ihm gewohnt und so mancher befreundete Pastor lädt ihn gerade deshalb gerne zu einem Kabarett-Abend zu sich ein. Dass Rehburgs Pastor Michael Kalla besonders gute Karten hat, wenn er solche Bitten vorträgt, liegt daran, dass beide gemeinsam einige Jahre im Loccumer Predigerseminar gelehrt haben. So treffen sich diese Pastoren gerne immer einmal wieder und wissen beide, was sie vom jeweils anderen zu erwarten haben – Kalla muss eigentlich schon vor dem Auftritt klar gewesen sein, dass er zumindest einmal als Assistent auf die Bühne gebeten wird. Das konnte er gleich zu Beginn des Auftritts hinter sich bringen und Schlicht beim Hütchenspiel unterstützen. Mit diesem Spiel, so erklärte der Kabarettist, habe er in seiner Kirchengemeinde die Kollekte vervierfacht und könne außerdem sonntags auf volle Ränge hoffen. Der Klingelbeutel mit seinem Muff aus Jahrhunderten sei in der Kirche in Buxtehude jedenfalls passé. Bei der Schilderung seines Urlaubs mit Fischbrötchen in der einen und Flens in der anderen Hand, während die Gattin sich hinter ihm mit den beiden Samsonite müht, gab es ebenso dröhnendes Gelächter im Saal wie auch bei der Darstellung allgemeiner Ansichten der Gemeindemitglieder über ihren Pastor: er sei wie die Liebe Gottes – in der Woche unsichtbar und am Sonntag unbegreiflich. Dass Schlicht ein differenziertes Verhältnis zur Evangelischen Erwachsenenbildung hat, wussten diejenigen, die frühere Programme von ihm besucht hatten, noch sehr genau. Insbesondere beim Stichwort "gestaltete Mitte" gab es ein vergnügtes Seufzen im Saal. Dass dieses Feld aber noch lange nicht abgegrast ist für jemanden, der sich mit Kabarett auf Kirche spezialisiert hat, demonstrierte er mit seinen Eindrücken von einem Paar-Seminar in dieser kirchlich initiierten Bildung für Erwachsene – Kuschelpädagogik mit Tendenzen zur Einleitung der Scheidung inbegriffen. Ausklingen ließ Schlicht sein Programm jedoch mit einem Stück, das er sich von seinem Lehrer Hanns Dieter Hüsch ausgeliehen hatte. "Können Sie Kirchenkabarett in dieser Zeit eigentlich verantworten?", sei er gefragt worden. Doch, das könne er, denn: "Glaube ist, wenn man trotzdem lacht." Lachen, auch vor ernstem Hintergrund, und mit einem Hoffnungsschimmer, der dazu führen könne, nicht nur ein Apfelbäumchen, sondern ganze Apfelplantagen zu pflanzen, das könne vielleicht Hüschs "Das Phänomen" schaffen, meinte Schlicht. Ein Auszug daraus: "Dann nehmt euch alle an die Hand und nehmt auch den, der nicht erkannt, dass früh schon in uns allen brennt, das, was man den Faschismus nennt." Ein Atemholen, eine winzige Pause brauchte das Publikum danach, bevor es zu kräftigem Beifall ansetzte. Als Lohn gab es zwei Zugaben. Foto: jan

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an