1. Museum befragt eigene Geschichte

    In Oerlinghausen soll ein unverfälschtes Bild von den Germanen gezeigt werden

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    Oerlinghausen (kd). Mit neuen Ideen will das Archäologische Freilichtmuseum Oerlinghausen junge Menschen über die Gefahr des Rechtsextremismus aufklären. Das Projekt dient auch dazu, die eigene Geschichte aufzuarbeiten. Bei einem Besuch in der Bergstadt informierte sich die Schulministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann über die Arbeit des Museums. 1936, in der Zeit des Nationalsozialismus, entstand am Barkhauser Berg das erste Freilichtmuseum dieser Art in Deutschland. Der Ort wurde nicht zufällig gewählt, denn an dieser Stelle haben einst Menschen gesiedelt, wie Funde belegen. Die Nachbauten der Häuser wurden als "Germanengehöft" bezeichnet. Und auch in der Innenausstattung spiegelte sich die NS-Ideologie. Vieles war keineswegs historisch verbürgt, sondern diente den Machthabern dazu, die Erinnerung an die Germanen zu verklären. "Wir wollen zu unserer Gründungsgeschichte stehen und diese Vergangenheit aufarbeiten", erklärte Moritz Ilemann, der Vorsitzende des Trägervereins gegenüber Ministerin Löhrmann. Mit seinem Angebot will das Museum so manches schiefe Geschichtsbild geraderücken. Dennoch gebe es Rechtsextreme, die Einrichtungen wie das Oerlinghauser Museum für ihre Zwecke nutzen wollen. Das sei keineswegs weit hergeholt, erläuterte Museumsleiter Karl Banghard. Ein Beispiel ist das Wikingermuseum auf der Ostseeinsel Wollin in Polen. Banghard zeigte auf, wie dort rechte Gruppen die Oberhand gewonnen haben und große Treffen organisieren. Man sehe dann Hakenkreuze zuhauf, obwohl dieses Symbol in der Wikingerzeit gar nicht verwendet wurde. "Rechte Gedanken sind in unserer Gesellschaft latent vorhanden", sagte Ilemann. "Wir können im Vorfeld etwas tun, man darf es nicht nur bei Lippenbekenntnissen belassen." Wie das gelingen kann, ermittelt Banghard derzeit durch seinen Forschungsauftrag. Es sind bereits sechs Pilotphasen mit verschiedenen Jugendbildungsstätten gelaufen. "Wir wollen uns auch älteren Schülern gegenüber öffnen", sagte Banghard. Erste Erfahrungen konnte er bereits mit dem Oerlinghauser Niklas-Luhmann-Gymnasium sammeln. Bei dem Forschungsvorhaben sollen allgemeinverständliche Schriften erstellt werden. Aufklärungsarbeit soll auch in den digitalen Medien geleistet werden. Schließlich sollen auch neue Programme für das Museum entstehen. Der Gegensatz zwischen der nationalsozialistischen Geschichtsauffassung und der heutigen soll im Museum in einem der Häuser augenfällig dargestellt werden. "Wir wollen es mit einer Glaswand radikal durchschneiden", erläuterte Banghard. "Auf der einen Seite soll die Einrichtung der NS-Zeit nachgebildet werden, auf der anderen Seite wollen wir den Stand der heutigen Forschung vorstellen." Ministerin Sylvia Löhrmann begrüßte diese Form der geschichtlichen Aufarbeitung. "Wir müssen Jugendliche stark machen, damit sie nicht anfällig werden für rechte Ideologie", sagte sie. Das Thema Erinneurngskultur beschäftige sie schon seit ihrer eigenen Schulzeit. Aufklärung sei schließlich auch ein verfassungsgemäßer Auftrag. Mit Blick auf das Oerlinghauser Freilichtmuseum sagte sie: "Es gilt, einen Mißbrauch des Ortes zu verhindern. Wir haben den Auftrag, daraus einen demokratischen Museumsort zu machen." Den Besuch Löhrmanns hatte die Oerlinghauser Landtagsabgeordnete Manuela Grochowiak-Schmieding vermittelt. Auf Zusagen wollte sich die Ministerin jedoch nicht festlegen, da das Museum finanzielle Mittel nicht von ihrem Ressort, sondern vom Kulturministerium erhält. Zu einem Informationsbesuch hilt sich Schulministerin Sylvia Löhrmann (Mitte) im Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen auf. Links Museumsleiter Karl Banghard, rechts die Landtagsabgeordnete Manuela Grochowiak-Schmieding. Dahinter Moritz Ilemann vom Trägerverein und der künftige Bürgermeister Dirk Becker. (Foto: kd)

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