REHBURG (jan). Der Termin stand schon lange fest und sollte eigentlich nur der Information über die Milchwirtschaft in Niedersachsen dienen. Aktualität hat der Besuch von Landesbischof Ralf Meister bei den "Frischli-Milchwerken" in Rehburg durch die fallenden Preise für Milch bekommen.
Ein Kalb kraulen, den riesigen Zuchtbullen aus respektvoller Entfernung betrachten und ansonsten den Ausführungen von Landwirt Eberhard Mysegades zu seinem Betrieb lauschen – das sind die ersten Stationen des Besuchs von Meister in Rehburg gewesen. Vor drei Jahren hat Mysegades seinen Betrieb erweitert. Hatte er vorher 100 Milchkühe, so stehen nun 500 im neuen Stall. Betriebswirtschaftlich sei das notwendig gewesen, um den Betrieb an die nächste Generation – seine Tochter – weitergeben zu können, führte der Landwirt aus. Und kam bald darauf auch auf die sinkenden Milchpreise zu sprechen. Vier Cent fehlten ihm derzeit pro Liter. Das mache auf das Jahr gerechnet 200.000 Euro. Die Banken wollten aber trotzdem ihr Geld bekommen. Wenn das so weitergehe, wenn der Betrieb darüber den Bach heruntergehe, dann würden er und seine Frau Sozialhilfeempfänger. Hans Holtorf, einer von drei Geschäftsführern der "Frischli-Milchwerke" und Abnehmer von Mysegades Milch, konnte keine Entwarnung geben. Ganz im Gegenteil. Im Vergleich zum Preis im Juli werde das Unternehmen im September noch einmal zwei Cent pro Liter weniger auszahlen. 25 Cent als neuen Preis nannte er. Das sei immer noch ein wenig mehr, als viele andere Molkerei-Betriebe zahlten – für die Landwirte aber eben nicht genug. Verschiedene Gründe für diese Entwicklung führten Landwirte und Molkerei-Betreiber bei der anschließenden Diskussion im Milchwerk an. Der Wegfall der Milchquote sei dabei keineswegs der hauptsächliche Grund. Vielmehr machten das Russland-Embargo und der schwächelnde Markt in China ihnen zu schaffen. Obwohl nur rund zehn Prozent des Absatzes in den Export gehen würden, gehöre doch auch das, was in Deutschland verkauft und konsumiert werde, zum Weltmarkt dazu. Ein weiteres Thema schnitt der Bischof an und das war vor Jahren einer der Gründe, weshalb das Rehburger Werk von aufgebrachten Landwirten tagelang blockiert wurde: die Fairness in der Kette vom Erzeuger bis zum Endverbraucher. Damals galt die Schelte den Discountern und auch den Konsumenten, die immer weniger zahlten für das Produkt Milch – wie auch den Molkereien, die sich diesem Druck beugten. Das ist für die Milchwirtschafter nach wie vor ein Thema und der Preiskampf herrscht immer noch beziehungsweise aktuell wieder verstärkt. Andererseits, wendete Mysegades ein, würde zunehmend nicht nur der Preis bei den Verbrauchern entscheiden. Auch Kriterien wie das Tierwohl spielten eine immer größere Rolle. Wie die Krux mit den fallenden Preisen von den Landwirten überstanden werden kann, dazu versuche seit dem Streik von 2008 auch "Frischli" Konzepte zu entwickeln und stehe im ständigen Dialog mit seinen Lieferanten, sagte Holtorf. Schwankungen, auch starke Schwankungen, in den Preisen seien unvermeidbar. Jetzt müssten Möglichkeiten gefunden werden, diese Schwankungen ausgleichen zu können. Das "Sparen in der Not", um zu anderen Zeiten davon zehren zu können, entgegneten die Landwirte, sei kaum möglich. Da stehe allein schon die Steuergesetzgebung dagegen, die aus fetten Jahren viel Geld fordere. Dann würden sie doch lieber investieren, statt dem Staat viel abzugeben. An dieser Stelle müsse Abhilfe geschaffen werden. Holtorf hingegen warf das Stichwort "Warentermingeschäfte" in den Raum und fragte auch den Bischof nach seiner Meinung. In der Kirche, entgegnete Meister, herrsche große Skepsis. In überschaubaren, börsennotierten Bereichen seien Warentermingeschäfte sicherlich in Ordnung. Andere Bereiche allerdings, warnte er, öffneten der Spekulation Tür und Tor und könnten zu Engpässen in der Versorgung führen. Perfekte Antworten, bekannte Holtorf, habe er nicht. Das heiße für ihn aber auch nicht "alles zurückdrehen zu müssen", also etwa die Milchquote wieder einzuführen. Ein Spannungsfeld bestehe sicherlich. Aber der Markt für Milch sei auf jeden Fall vorhanden. Foto: jan