Zehntausende Zuschauer im Stadion und Millionen vor den Fernsehern. Jede Entscheidung wird vom aufgezeichnet, anschließend bei Ansicht der Zeitlupe diskutiert und kritisiert. Sehr anschaulich wusste Markus Merk zu schildern, unter welchen Umständen er als Schiedsrichter Entscheidungen zu treffen hatte, wenn er in den Fußball-Tempeln der Welt große Spiele leitete. Fehlentscheidungen seien unvermeidbar, hielt Merk fest. Über diese habe er sich selbst am meisten geärgert. Trotzdem habe er ein reines Gewissen gehabt. Weil er stets mit großem Engagement daran gearbeitet habe, eine so hohe Kompetenz zu erwerben, dass ihm Fehlentscheidungen eben nur sehr selten unterliefen. Gesprächsführung, Teamarbeit und viele weitere Themenbereiche sprach Merk in seinem Vortrag an, hinterlegte sie dabei stets mit Beispielen aus Welt des Fußballs. Hinzu kam eine große Prise augenzwinkernden Humors, so dass auch die Zuhörer voll auf ihre Kosten kamen, für die das Grundthema eines gelungenen Entscheidungsstils gar nicht im Mittelpunkt des Interesses stand. "Schiedsrichter und Zahnarzt in Personalunion, da sind Sie am untersten Rand der Gesellschaft", hielt Merk etwa fest. Die Entscheidung für den Dienst an der Pfeife habe er im Kindesalter getroffen, beim Besuch im Kaiserslauterner Stadion in seiner pfälzischen Heimat. In der damaligen "Hölle vom Betzenberg" hätten drei Leute dem Druck dieser gewaltigen Kulisse standgehalten, Verantwortung übernommen und für einen geordneten Spielverlauf gesorgt, nämlich der Schiedsrichter und seine Linienrichter. Dies habe ihn für die Tätigkeit fasziniert. Am Beispiel berühmter Spieler schilderte der Schiedsrichter wie er sich auf verschiedene Persönlichkeiten einstellte. David Beckham etwa habe sehr zuvorkommend und freundlich das Gespräch gesucht. Habe sich der Schiedsrichter zu sehr darauf eingelassen, sei der Spezialist für ruhende Bälle jedoch alle zwei bis drei Minuten gekommen, um ein Foul zu reklamieren und einen Freistoß zu bekommen. Louis Figo, "eine richtig harte Nuss", habe immer die Eskalation gesucht. Entsprechend habe er, Merk, seine Entscheidungen getroffen, anschließend ohne jede Kommunikation mit dem Portugiesen die Partie rasch weiterlaufen lassen. Zinedine Zidane, "dieser wunderbare Spieler ohne jedes Stargehabe", habe sich praktisch nie beklagt, nie das Gespräch mit dem Schiri gesucht. Wegen seines außergewöhnlichen Könnens sei Zidane immer wieder vom Gegner körperlich hart attackiert worden. "Zidane musste spüren, dass da ein Schiri ist, der ihn als Mensch und Spieler schützt", so Merk. Fehlte dieser Schutz, sei es zu den Momenten gekommen, in dem aus diesem "ruhigen, introvertierten Spieler" ein emotionaler Vulkan geworden sei. Mit der Folge einer Tätlichkeit wie im WM-Finale gegen Italien und dem resultierenden Platzverweis, bei dem wohl jedem Fußballfan das Herz geblutet habe. Kurz stellte Merk auch sein ehrenamtliches Engagement in der Entwicklungshilfe in Indien vor und seine Leidenschaft für den Extrem-Ausdauersport. Er erntete begeisterten Applaus. Foto: bb
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"Schiedsrichter und Zahnarzt in Personalunion"
Gastreferent Dr. Markus Merk begeistert Publikum in Gelldorf / Faszination für die Tätigkeit seit der Kindheit
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