Bad Salzuflen-Bergkirchen (pgk). Es waren nicht nur die Finger, die bei den vier professionellen Saxofonistinnen faszinierten, sondern sie entwickelten auch ihren ganz speziellen effektvollen Sound in der randvoll besetzten Kirche: Evelyn Franke-Klar, Christine Zander, Astrid Berenguer und Christina Roth am Sopran-, Alt-, Tenor- und Baritonsaxofon des Ensembles, wobei Roth zusätzlich alle Moderationen und Anmerkungen zu den einzelnen Stücken mit humoriger Lockerheit übernahm.
In würdevollem Schreiten durch Mittel- und Seitengänge der Kirche eröffneten die Musikerinnen nach den Begrüßungsworten (Kantor Rainer Begemann) das Konzert mit einem majestätischen, sakralen Entree, dem Segens-Kanon "Deep Peace", der in seiner musizierten Aura der Ausgeglichenheit einen vernehmbaren Frieden verströmte. Diese vergeistigte, domestizierte Ausdrucksform sollte im weiteren Programmverlauf eine radikale Änderung erfahren, beginnend mit der bewegten, hochkomplexen "Fuga BWV 578" von Johann Sebastian Bach, zu dessen Lebzeiten das Saxofon noch nicht existierte und dementsprechend die notentextgetreue Übertragung einer Orgelkomposition auf diese Instrumentengattung in derart munterem Metrum eine spieltechnische Herausforderung bedeutete, die das Ensemble effektvoll meisterte. Ebenfalls quirlig, aber eher tänzerisch-rhythmisch der "Libertango" des argentinischen Komponisten Astor Piazolla (1921-1992), Originalliteratur für Saxofon, von den "Forty Fingers" derartig feurig gespielt, dass es in einer Generalpause des Stückes zu einem stürmischen Zwischenapplaus kam. Höchst überzeugend servierten die Saxofonistinnen auch die ideenreichen jazzigen Kompositionen des WDR-Saxofonisten Heiner Wiberny an seinen Sohn ("Here comes Julian") und an seine Frau ("Ulla in Africa") mit zündenden Rhythmen und pfiffigen Soli. Vor dem begeisternden "African Marketplace" des südafrikanischen Jazzpianisten Abdullah Ibrahim kommentierte Christina Roth: "Uns ist es ganz schön warm geworden, aber Sie müssten jetzt eigentlich eine Gänsehaut kriegen", und sie sollte recht behalten. Eine bezaubernd phantasievolle Komposition, mitreißend arrangiert und musiziert! Bei dem pfeffrigen "Allelujah" (Ray Charles) verließen die "Forty Fingers" unter rhythmischem Applaus des Publikums die Kirche, wie sie sie zu Beginn betreten hatten: Swingend durch das Mittelschiff. Welche Sinneswahrnehmungen eines Mondscheinkonzertes empfindet der Konzertbesucher intensiver: Den mehr für die Ohren bestimmten konzertanten Abschnitt in der Kirche oder die anschließenden Lustbarkeiten für alle übrigen Sinne bei Biowein, kühlem Weizen, Salaten und gebackenen Spezialitäten des Bergkirchener Festivalteams, Kerzen und Lampions im Biergarten unter den Linden vor der Kirche? Kaum zu beantworten, diese Frage, und auch gar nicht erforderlich, denn beides bildet bei diesem höchst erfolgreichen Kon-zertkonzept eine erfreuliche untrennbare Einheit, die allerdings naturgemäß recht wetterabhängig angelegt ist. Die düsteren Wolkenformationen an diesem "Forty-Finger-Abend" ließen in dieser Beziehung nichts Gutes erahnen, so spielten die Musiker bei 23 °C und geöffneten Fenstern im Gemeindehaus und konnten so die in- und outdoor trinkende, speisende, erzählende ... Konzertgemeinde bestens unterhalten.