Bielefeld (ame). Mit dem Motto "Wir sind viele", zur neuen Saison, bezieht das Stadttheater Bielefeld politisch Position. Theater war schon immer ein Ort, der den Horizont der Zuschauer erweiterte, indem er ihm neue Blickwinkel eröffnete, durch Einblicke in fremde Leben und Probleme oder auch dadurch, eigene Probleme in einem anderen Licht neu sehen und bewerten zu können. In unseren bewegten Zeiten, übernimmt das Stadttheater durch dieses Motto deutlichst seine gesellschaftliche Aufgabe und Verantwortung. Theater ist immer weit mehr als Unterhaltung - es dient als Spiegel der Welt und mehr noch: Es liefert dazu gerne auch die nötigen Erklärungen. Das Programm hält, was das Motto verspricht.
Mit einer deutschsprachigen Erstaufführung startet Steven Fechters "Schlangenbrut" am 30. August im Theater am alten Markt: Sechs stolze Eltern, die das Konzept Work-Life-Balance verstanden und ihr Leben im Griff zu haben scheinen, werden über etwas, das wie ein Teenagerstreich beginnt, mit der Wirklichkeit konfrontiert. Die rohe Gewalt ihrer Kinder lässt ihr Weltkonstrukt zusammenbrechen. Steven Fechters neuestes Stück ist nicht nur ein höchst amüsanter und bitterböser Thriller, sondern eine radikale Studie über die Dualismen von Liebe und Hass, Nähe und Entfremdung, Macht und Ohnmacht. Am 4. September kommen Freunde der Klassiker auf ihre Kosten: Friedrich Schillers "Die Räuber" feiert an diesem Tag Premiere im Stadttheater. 5. September im Theater am Markt: "Ich rufe meine Brüder" von Jonas Hassen Khemiri zeigt, wie schnell sich Grenzen auflösen können, wie Ängste und Unsicherheiten Vorurteile und Manipulierbarkeit schüren. Nichts scheint gefährlicher als eine Gesellschaft in Angst. Mario Salazars neuestes Stück "Ein Western", auf die Bühne gebracht von Annie Ocean, ist sowohl ein reißender Western als auch eine tiefe Liebesgeschichte, deren Ausgang der Krieg vorschreibt. Premiere: 25. Oktober im Theater am Alten Markt. Am 30. Oktober wird im Theater am Alten Markt Jean Genets "Die Zofen" gegeben. Das Stück dieses Ausnahmeautoren mit der bewegten Biografie ist ein abgründig leichtes Spiel über wechselnde Herrschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse. Als Weihnachtsstück steht am 7. November die Premiere von "Der gestiefelte Kater" auf dem Programm - Thomas Freyers moderne und witzige Adaption des Grimmschen Märchens mit Musik. Mit seinem berühmten Roman "Hiob" schreibt Joseph Roth die alttestamentarische Geschichte Hiobs als eine berührende Familiensaga über den Wandel der Zeiten, die Fesseln der Tradition und die Auflösung familiärer Bindungen fort. Die Premiere ist am 14. November im Theater am Alten Markt. Das "Tierreich" wurde 2013 mit dem Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin ausgezeichnet und für den Autorenpreis des Heidelberger Stückemarkts 2014 nominiert. In rasant-pointierten Dialogen entfaltet das Autorenduo Nolte Decar das aberwitzige Panorama eines Sommers und einer Jugend. Wobei nicht genau gesagt werden kann, ob das Stück heute oder vor 30 Jahren spielt. Eine "zeitlose Zeitreise" in die Jugend, die am 23. Januar im Theater am Alten Markt Premiere feiert. Wie kommt man dem Geheimnis der Unsterblichkeit näher? Wenn man es schafft, die Spitzen seiner Ellbogen zu lecken. Vielleicht. Bleibt immer noch die Frage, ob man das überhaupt will, ewig leben. Aber Entscheidungen rückgängig machen können, das wäre zumindest schon mal ein Anfang. Denn wer kennt es nicht, das Gefühl, im entscheidenden Moment falsch abgebogen zu sein und nun weiter zu müssen auf der Einbahnstraße. Nick Paynes Stück Konstellationen macht die Umkehr möglich! Premiere ist am 29. Januar im Theater am Alten Markt. In der vergangenen Spielzeit hat der Autor David Gieselmann mit dem schrägen Humor und dem Gespür für absurde Situationen für das Theater Bielefeld "Die Oppelts haben ihr Haus verkauft" geschrieben. Mit großem Erfolg und anknüpfend an eine schon länger währende Arbeitsbeziehung. Diese soll jetzt gleich mehrere Fortsetzungen finden – in einer Serie. Die ersten beiden Teile starten im März 2016. (Uraufführung am 17. März) Eine Fortsetzung ist geplant. Am 18. März spielt das Stadttheater William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum". Was Shakespeare in dieser Komödie an emotionalem Verwirrspiel geschaffen hat, ist ein großer theatraler Spaß mit doppeltem Boden: überbordend, schräg, verzweifelt komisch. Eigentlich braucht man den 400. Todestag des Dichters im Jahr 2016 gar nicht, um an ihn zu erinnern. Er ist lebendig geblieben. Auf der Bühne. Jack Londons Abenteuerroman "Der Seewolf" ist ein psychologisches Meisterwerk über Herrschaft und Macht und ein Klassiker der Weltliteratur. Die Premiere der Romanadaption: Am 3. April im Theater am Alten Markt. Henrik Ibsens "Volksfeind" ist ein Schauspiel über Wahrheit, Opportunismus und Gesellschaft, das seit seiner Entstehung um einiges an Aktualität dazu gewonnen hat. Die Premiere ist am 20. Mai im Theater am Alten Markt. "Weekend im Paradies" ist ein gnadenlos komischer Schwank von Franz Arnold und Ernst Bach über Vetternwirtschaft und Affären im Beamtenmilieu. Am 4. Juni erfährt der Zuschauer im Theater am Alten Markt, wie wunderbar der Schuss nach hinten losgehen kann, wenn sich aufgestauter Frust zur falschen Zeit am falschen Ort entlädt. (In der nächsten Ausgabe informiert Lippe aktuell über das Tanztheater-Programm des Bielefelder Stadttheaters in der Saison 2015/16)