Lemgo (ur). Der "Bund Heimat und Umwelt in Deutschland" (BHU) hat es sich für das Jahr 2015 auf die Fahnen geschrieben, auf die Bedeutung historischer Friedhöfe als Kulturgut aufmerksam zu machen und sie daher zum Kulturdenkmal des Jahres ausgerufen. Bei der Auswahl der Friedhöfe wurde weniger auf einen hohen Bekanntheitsgrad, als vielmehr auf deren etwaige kulturhistorische Besonderheiten, Kuriositäten und schützenswerte Elemente geachtet. Es finden sich eindrucksvolle Zeugnisse kultureller Vielfalt der deutschen Friedhofskultur. Der Friedhof St. Johann mit seinem Stumpfen Turm in Lemgo steht ebenfalls zur Wahl für das "Kulturdenkmal des Jahres 2015". Insgesamt 32 historische Stätten, jede auf ihre Art etwas Besonderes, wurden vom BHU und der Verbraucherinitiative Aeternitas e.V. (unabhängige, bundesweit tätige Verbraucherberatung für den Bereich Friedhof und Bestattung) aufgrund kulturhistorischer Besonderheiten, Kuriositäten oder schützenswerten Substanz ausgewählt. Eine brusthohe Bruchsteinmauer umgibt das von hohen Bäumen geprägte Areal des Friedhofs von St. Johann, wobei ein alter Glockenturm, Überbleibsel der spätromanischen St. Johannis-Kirche, das Bild abrundet. 210 alte Grabsteine erinnern an Bürger oder Angehörige des Kirchhofs. 121 Grabsteine stammen dabei aus dem Barock, mit für diese Zeit typischen Verzierungen und Beschriftungen. Außerdem sind hier 67 Gräber aus dem 19. Jahrhundert zu finden, so dass ein insgesamt äußerst vielfältiger Friedhof zu Entdeckungen einlädt. "St. Johann ante muros", wie sie eigentlich richtig heißt, ist nicht nur Lemgos älteste Kirche, sondern die älteste der ganzen Region. Auf "rund um das Jahr 800 datiert", wurde sie von Karl dem Großen als Holzkirche errichtet und erinnert so an den Beginn der Christianisierung in Westfalen. Der älteste Knochenfund auf dem Gebiet dieses Kirchhofs konnte auf die Zeit um 780 datiert werden. Erste urkundliche Erwähnungen über Siedlungen an dieser Stelle stammen aus den Anfängen des 11. Jahrhunderts. Als die Stadt Lemgo 1190 vom Edelherren Bernhard II. zur Lippe gegründet wurde, blieb die Kirche außerhalb der Stadtmauern, was der Name "St. Johann ante muros" erahnen lässt: "ante muros" bedeutet "vor den Mauern" (also vor den Stadtmauern). Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wurde die Kirche zerstört, nur der Glockenturm blieb bis heute erhalten. Die Gemeinde zog daraufhin in eine leerstehende innerstädtische Kirche. Der Kirchhof wurde seitdem als Friedhof benutzt, bis 1889 er von Amts wegen geschlossen wurde. Im Glockenturm befindet sich die älteste lippische Glocke, sie wurde 1398 gegossen. Viele solcher Friedhöfe sind gefährdet. Daher soll mit der Aktion Aufmerksamkeit und Interesse geweckt werden, um zu Patenschaften für Restaurationen anzuregen. Denn nur mit ausreichenden Mitteln für ihre Erhaltung können Erinnerungsorte bewahrt und ein Verlust der Gedenkkultur verhindert werden. Erschienen ist zu der Aktion ein Faltblatt, das beim Heimatbund in Detmold erhältlich ist (Kreishaus, Felix-Fechenbach-Straße 5). Abgestimmt werden kann für das "Kulturdenkmal des Jahres 2015" im Internet bis einschließlich 14. August unter "www.faszination-friedhof.de".
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Friedhof St. Johann in der Auswahl
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