1. "Wir sind viele"– definitiv!

    Neue Saison im Stadttheater Bielefeld / Heute: Musiktheater

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    Bielefeld (ame). Mit dem Motto "Wir sind viele" bezieht das Stadttheater Bielefeld zur neuen Saison politisch Position. Theater war schon immer ein Ort, der den Horizont des Zuschauers erweiterte, indem er ihm neue Blickwinkel eröffnete, durch Einblicke in fremde Leben und Probleme oder auch dadurch, eigene Probleme in einem anderen Licht neu sehen und bewerten zu können. In unseren bewegten Zeiten übernimmt das Stadttheater durch dieses Motto deutlich seine gesellschaftliche Aufgabe und Verantwortung. Theater ist immer weit mehr als Unterhaltung – es dient als Spiegel der Welt und mehr noch: Es liefert dazu gerne auch die nötigen Erklärungen. Das Programm hält, was das Motto verspricht.

    Am 6. September beginnt das Musiktheater im Stadttheater Bielefeld mit "Cyrano", einem Musical in zwei Akten. Schon in Edmond Rostands romantisch-komödiantischem Versdrama "Cyrano de Bergerac" aus dem Jahr 1897 verbanden sich das Musketier-Sujet und das Thema der Überwindung von Komplexen als notwendige Zutat für die große Liebe zu einer aktionsgeladenen und zugleich berührenden Geschichte voll Esprit und Poesie. Nun erobert dieses Musical über vermeintliche Helden und große Poeten, ihre Komplexe und Versagensängste die Bielefelder Stadttheaterbühne. "Das Reich der Nacht, die Königin, das Sonnenreich, die Mysterien, Einweihungen, die Weisheit, Liebe, die Prüfungen und dabei die Art einer mittelmäßigen Moral, die in ihrer Allgemeinheit vortrefflich ist – das alles, bei der Tiefe der bezaubernden Lieblichkeit und Seele der Musik, weitet und erfüllt die Phantasie und erwärmt das Herz", so der Philosoph G. F. W. Hegel zur Verteidigung und gleichzeitig Huldigung der "Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart. Die Deutsche Oper in zwei Aufzügen feiert am 26. September Premiere. Freunde italienischer Opern kommen am 28. November auf ihre Kosten. Dann inszeniert das Stadttheater Gioachino Rossinis Komische Oper "La scala die seta/Die seidene Leiter". Daran anschließend, wird am 16. Januar Giuseppe Verdis "Macbeth" gegeben. Beide Opern werden in italienischer Sprache gesungen und mit deutschen Übertiteln versehen. David T. Little, geboren 1978, gilt in den USA als der Durchstarter auf dem Gebiet der neuen amerikanischen Oper. Er experimentiert mit einer Mischung aus klassischen Elementen und Ideen der Rockmusik und erreichte in Übersee ein breites Publikum, das von dieser innovativen Form der Musiktheatersprache ergriffen, berührt und vor allem begeistert war und ist. Mit "Dog Days" findet am 27. Februar das bis dato zentrale Werk des Amerikaners seine europäische Erstaufführung in Bielefeld. Die klassische Musiksprache steht hier in einem unheimlichen Kontrast zu dunklen, beinahe gefährlichen Heavy-Metal-Klängen, die den endzeitlichen Aspekt der Geschehnisse aufs Treffendste unterstreichen. David T. Little erschafft in seiner Oper einen unglaublich packenden Zugriff auf die Themen Außenseiterliebe, Familientragödie und Verwahrlosung – gesellschaftlich, moralisch, kontrovers. Ein vielleicht zukunftsweisendes Werk der Opernliteratur aus Amerika, das man nicht verpassen sollte. Am 29. April: "Il Trittico" von Giacomo Puccini, drei Operneinakter in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln. Drei Werke tiefster Intensität, musikalisch sowie dramaturgisch differenter Anlage und auf den ersten Blick scheinbar zusammenhangslos, verbindet doch ein Kernthema: der Tod. Über ihn reflektieren Puccini und seine Librettisten in ihrem Triptychon jedoch mannigfaltig, weisen mal auf die dramatische Komponente, dann auf die intime und final den heiter-ironischen Umgang mit dieser Unausweichlichkeit hin. 1955 avancierte Ingmar Bergmans Film "Sommarnattens leende" zu einem ungeahnten Erfolg, der dem schwedischen Regisseur schlagartig zu Weltruhm verhalf. Stephen Sondheim, der vielleicht progressivste und zugleich äußerst erfolgreiche Komponist des Musicalgenres, adaptierte 1973 den Stoff für seine Version der wirren wie komischen und zugleich packenden Amourösitäten. Vor dem Hintergrund der schwedischen Mittsommernacht, in der es bekanntlich nicht dunkel wird, beleuchtet Sondheim das Finden, (Wieder-)Entdecken und Trennen von Paaren, die sich in rasender Unruhe bei der "weisen" Madame Armfeldt ausleben. Die Premiere des Musicals "Das Lächeln einer Sommernacht": Am 21. Mai. Eine spartenübergreifende Produktion und ein Psychothriller erwartet die Zuschauer am 11. Juni mit "Wenn die Gondeln Trauer tragen". Ein musiktheatraler Psychothriller von Nadja Loschky, die das Publikum durch ihre Inszenierung der Madama Butterfly noch in beeindruckender Erinnerung hat. In Zusammenarbeit mit dem Schauspielensemble arbeitet sie diesmal nach Motiven aus Daphne du Mauriers Erzählung "Don’t Look Now" und der gleichnamigen Verfilmung von Nicolas Roeg. Die intensiven Emotionen und extremen Situationen sowie die Obskurität der Menschen in der literarischen und filmischen Vorlage bieten Regisseurin Nadja Loschky die perfekte Grundlage für einen spartenübergreifenden Musiktheaterabend. Das Spektrum der Musik reicht von venezianischer Renaissancemusik über Barcarolen und Opernarien bis hin zu Anklängen an zeitgenössische Filmmusik sowie bekannte Kinder- und Volkslieder. Auch durch die miteinander verwobenen musikalischen Elemente sollen die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verschwimmen.

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