1. Besuch ruft viele Erinnerungen wach

    Ehemaliger Zwangsarbeiter besichtigt "Geraubte Jahre" im Freilichtmuseum

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    Detmold . Eine Frage hat Szymon Salomon, als er das LWL-Freilichtmuseum Detmold betritt: "Wo bitte ist die Fotoausstellung über die Zwangsarbeit?" Doch das ist nicht das einzige Anliegen des ehemaligen Zwangsarbeiters bei seinem Besuch im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Szymon Salomon möchte reden. Reden über diese schreckliche Zeit, in der ihm alles genommen wurde. Und das tut der 88-Jährige auch, und zwar mit Museumsdirektor Prof. Dr. Jan Carstensen. Der ehemalige Zwangsarbeiter zieht ein Foto aus seiner Tasche. Es ist ein Jugendbild von 1942 aus der Zeit in Deutschland. Damals war Salomon erst 15 Jahre alt. Deutlich erkennbar ist auf seiner Arbeitsjacke die lila-gelbe Raute mit dem "P", die ihn als polnischen Zivilarbeiter kennzeichnete. Salomon erinnert sich an die Ungleichbehandlung auf dem landwirtschaftlichen Betrieb in Zossen bei Berlin, die mit diesem Abzeichen verbunden war: "Das war harte Arbeit in der Landwirtschaft. Die Franzosen hatten am Wochenende frei, wir nicht." Bereits mit 13 Jahren wurde Szymon Salomon aus Czchów nahe Krakau von Deutschen verschleppt. Seine Mutter und ihre Schwestern wurden von den Deutschen abgeholt und in ein Konzentrationslager gebracht, er hat sie nie wieder gesehen. Mit dem Namen Salomon wurden ihre jüdischen Wurzeln erkennbar. Daher nannte sich der junge Szymon fortan Szajwako und konnte so seine Herkunft verschleiern, als er verschleppt wurde. Die erste Station seines Leidensweges war Österreich, wo er ein Jahr im Wald arbeiten musste. Danach ging es mit dem Güterzug in die Nähe von Berlin. Dort sollte er zunächst einer Frau im Haushalt zugeteilt werden. Doch diese lehnte ihn als zu klein ab. So kam er in die Landwirtschaft. Bis zu 18 Stunden am Tag musste er dort arbeiten. Am 20./21. April 1945 wurde Salomon von der Roten Armee befreit. Aber auch dort war er nur der "Polak". Immerhin gelang es ihm, bei dem russischen General Georgi Schukow als Fahrer beschäftigt zu werden. Schukow war der Generalstabschef der Roten Armee, der die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht entgegennahm. Ende Dezember 1945 schließlich kehrte Salomon alias Szajwako nach Polen zurück. Doch in seiner Heimat war vieles anders, seine Familie war von den Nazis ermordet worden. Als Salomon eine Deutsche kennenlernte, wollte er mit ihr nach Deutschland auswandern. 1968 schließlich gelang die Ausreise. In Deutschland angekommen, nahm er eine Tätigkeit als Fahrer bei der britischen Militärverwaltung auf. In Polen hatte er sogar als Ausbilder im Fahrertraining gearbeitet sowie als Fahrer für "Erste Hilfe"-Transporte. Inzwischen lebt er in Bad Salzuflen und erinnert sich an sein bewegtes Leben, das sich durchaus als filmreif bezeichnen lässt. Für Salomon ihn war es der erste Besuch im Freilichtmuseum. Zunächst geht es in das Fotoatelier Kuper im Paderborner Dorf, in dem er sich porträtieren lässt. Danach folgt die Besichtigung des Hauses Uhlmann, das im Museum mit dem jüdischen Leben in Deutschland verknüpft ist. So eine Darstellung in einem deutschen Museum, das hätte er nicht erwartet, so Salomon. Schließlich sieht er sich gemeinsam mit dem Museumsdirektor die Ausstellung "Geraubte Jahre" an, die Fotografien von französischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiterinnen aus Osteuropa zeigt. Salomons Resümee: "Es ist schön hier, ich muss nochmal wiederkommen. Wenn es die Gesundheit zulässt."

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