VORNHAGEN (tr). Es ist der mit Abstand größte archäologische Fund dieses Jahres im Landkreis Schaumburg: In direkter Umgebung des Vornhäger Lohhofs wird derzeit eine Siedlung aus der vorrömischen Eisenzeit untersucht. "Damit können wir erstmals Informationen darüber erlangen, wie die Häuser hier damals ausgesehen haben”, sagte Kommunalarchäologe Jens Berthold. Damals – das ist in diesem Fall in etwa die Zeit von 500 vor Christus bis zur Zeitenwende um Christi Geburt.
Im Rahmen der Untersuchungen traten einige Fundstücke aus der damaligen Zeit zu Tage: Scherben von Keramik-Kochgeschirr und Gefäßen, Webgewichte sowie eine relativ große Zahl an Spinnwirteln, das sind Werkzeuge zum Verspinnen von Fasern. Letzteres deute darauf hin, dass die damaligen Bewohner entweder Schafe hielten oder Flachs anbauten, erklärte Berthold. "Das hat hier sicher einen gewissen Stellenwert gehabt.” Zudem entdeckten die Archäologen eine blaue Glasperle, die vermutlich von einer Schmuckkette stammt, sowie eine verirrte Silbermünze aus dem 19. Jahrhundert. Diese Stücke interessieren die Forscher zwar auch, "wir wollen aber nicht nur die einzelnen Funde haben”, sagte Berthold. Die Gruben, in denen vor mehr als 2000 Jahren zum Bau der Häuser Holzpfosten versenkt wurden – der Archäologe spricht hier von "Befunden”– böten die Chance, die Siedlung und ihre Struktur zu erkunden. Auch auf das Aussehen der Häuser können die Wissenschaftler dank ähnlicher Funde an anderen Orten schließen: lehmverschmierte Wände und reetgedeckte Dächer haben die Unterkünfte vermutlich gehabt. "Die Familien lebten mit dem Vieh unter einem Dach”, erkärte Berthold. Fraglich sei, ob es sich um mehrere Häuser handelt, die gleichzeitig entstanden sind oder um einen einzelnen Hof, dessen Standort sich im Laufe der Jahrhunderte öfter verändert hat. Ganz überraschend war der Fund aber keineswegs, höchstens der Umfang. "Es gab schon einen Verdacht an dieser Stelle”, sagte Berthold. Im Mittelalter sei der Lohhof eine Burganlage gewesen. Außerdem verläufe die Bundesstraße 65 direkt nebenan entlang dem historischen Hellweg, einer alten Verkehrs- und Handelsroute, in deren Nähe häufig Siedlungen entstanden seien. Neben den Archäologen zeigten sich auch die Strabag-Mitarbeiter Hans Mues und Heinrich Wagner erfreut darüber, dass ihre Arbeiten einen solchen Fund ermöglicht hätten. Ins gleiche Horn stieß Markus Brockmann, Leiter der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Hameln: "Ohne den Straßenausbau hätten wir die Stelle nicht gefunden”, betonte er. Die Grabungen hätten den Bau kaum verzögert. Doch selbst wenn dem so wäre: "Es ist eine öffentliche Aufgabe, unsere Kulturgüter zu bergen.” Die Untersuchungen vor Ort laufen vermutlich noch bis ins kommende Jahr hinein. Foto: tr