1. Übergeordnetes Prinzip: "Respect the Poet"

    Tobias Kunze führt durch ein Feuerwerk an Wortspielen unterschiedlicher Genre / Kein Leistungsdruck für Teilnehmer

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    RINTELN (ste). Es war der vierte "Poetry Slam" im Gymnasium Ernestinum, und mittlerweile hat sich diese Veranstaltung zu einem beliebten Selbstläufer mit Wiederholungsgarantie entwickelt. Ein "Poetry Slam", so die Definition des Internet, ist ein "...literarischer Vortragswettbewerb, bei dem selbstgeschriebene Texte innerhalb einer bestimmten Zeit einem Publikum vorgetragen werden. Zu Zuhörer küren anschließend den Sieger!" Tobias Kunze, Slamer aus Hannover, fasste es in eigene Worte. Der "Tontaubenschießwettbewerb mit Worten wird durch ein interaktives Partizipationsprinzip Punktesystem bewertet!" Diese Definition hatte er selbst gerade erst erfunden und das zeigte auch, wie locker und leicht er durch das Programm führte, das immer unter dem übergeordneten Prinzip "Respect the Poet" stand. Die "Bewertung" ist zwar ein Teil des Wettbewerbs, doch so richtig objektiv und wichtig ist sie eigentlich nicht. Wichtig beim Slam ist nämlich, dass man sich Mut fasst und die Bühne "rockt". Das machten immerhin zwölf Teilnehmer beim vierten "Poetry Slam", und sie übten sich in Lyrik, Gedichten, Rap, Dadaistischer Poesie und mehr: "Erlaubt ist, was geht!" Während das warm-up noch durch zwei außer Konkurrenz startende Jung-Slamerinnen übernommen wurde, starteten danach die Wettbewerbe. "Schwarze Gedanken, schwarze Seelen die nach Glück suchen, doch viel zu schnell abgestempelt" wollte eine Teilnehmerin ihre "Ich-Heit" nicht verstecken; und sie versprach: "Trotz Gothic kenne ich meine Grenzen!" Eine "Navigation durch die Sphären des Android-Wecker-Imperiums stellte der nächste Teilnehmer vor, der als frischgebackener Abi-Absolvent mit der Verzweiflung der Langeweile zu kämpfen hatte. "Schule-Anstalt?!-quadratisch-praktisch-gut", hieß es beim nächsten Vortrag. Das Kern-Curriculum als Bibel von Neurotikern und das schulinterne "I-serve" als Stasi-Netz beleuchtete die nächste Teilnehmerin. So richtig blutig und mit dem Label "Nicht zum Nachmachen empfohlen" wurde es bei der Traumdarstellung "Auf Fichtenholz flambiertes Frauenfleisch", bei dem die eigene Freundin "...so zerstreut wie noch nie" war. Jeder hatte seinen Favoriten, für den Verfasser dieser Zeilen war es Anna Lena Gelis. Die hatte einen Dialog mit dem Vater als Ausgangsbasis für ihren Slam gewählt mit der Überschrift "Noch lacht er!" Er, das war ihr künftiger Traummann, der erst noch gebacken werden muss, doch was kommt da eigentlich rein und warum zum Teufel gibt es keine Traummann-Fabrik?" Wer am Ende gewonnen hat, ist hier völlig nebensächlich, denn beim nächsten Poetry Slam soll wieder jeder und jede mitmachen können und wollen, ohne Leistungsdruck und ohne das Gefühl, in der Zeitung nicht als "Sieger" zu stehen.

    Foto: ste

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an