LANDKREIS (mh). Wenn heute in ganz Deutschland Beschäftigte in Krankenhäusern dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di zum Protest folgen, dann werden auch Angestellte aus den Schaumburger Kliniken dabei sein. Bei der Aktion in der Zeit von 12.30 bis 13.30 Uhr machen Angestellte der Kreiskrankenhäuser in Rinteln und Stadthagen, des Krankenhauses Bethel in Bückeburg und der Burghofklinik Rinteln auf die laut Gewerkschaftsangaben vorherrschende Personalnot aufmerksam. Bundesweit würden in Krankenhäusern nach einer ver.di-Erhebung 162 000 Beschäftigte, darunter 70 000 in der Pflege, fehlen. Aktueller Anlass zu dem Protest ist der Gesetzentwurf zur Krankenhausreform, den die Bundesregierung in diesem Monat veröffentlicht hat.
"Die Thematik begrüßen wir", erklärte Achim Rogge, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums Schaumburg, bei einem gestrigen Pressetermin. Er wies deutlich darauf hin, dass es sich bei der Aktion um eine "aktive Mittagspause" und nicht um einen Streik handele. "Die Versorgung der Patienten ist keinesfalls ansatzweise gefährdet." Auch die Schaumburger Kliniken seien generell von einer Arbeitsverdichtung nicht ausgeschlossen. Das beträfe den Bereich Pflege ebenso wie die Ärzteschaft, erklärte er. Gleichzeitig übte er scharfe Kritik an den von ver.di ins Spiel gebrachten Zahlen. "Die haben bei weitem nicht die genannten Dimensionen", stellte er klar. Die Gewerkschaft gründe ihre Zahlen auf eine Telefonerhebung sowie auf Bettenzahlen, die vor zehn Jahren aktuell waren. Heutzutage sei nicht die Bettenzahl allein entscheidend, sondern die Zahl der Patienten: "Wir versorgen Patienten, keine Betten." Daher seinen die veröffentlichten Zahlen "maximal kritisch zu hinterfragen". Sie seien nicht nachvollziehbar und vor allem nicht refinanzierbar, so Rogge. Knackpunkt der bundesweiten Diskussion um Personalstand und Kosten sind die Finanzierungsregeln, nach denen die Krankenhäuser vergütet werden. Landesbasisfallwerte und Klassifikation nach diagnosebezogenen Fallgruppen, unzureichende Investitionskostenfinanzierung sind nur einige der Punkte, die auch beim Klinikum Schaumburg für Unmut sorgen. "Wir als Krankenhausgesellschaft sehen Handlungsbedarf, wir können ihn aber nicht finanzieren", erklärte Achim Rogge. Durch die Zusammenlegung der drei Standorte zum Gesamtklinikum sei man schon gut aufgestellt. Jedes Krankenhaus für sich hätte unter den aktuellen Bedingungen und mit Blick auf die Krankenhausreform schließen müssen. Mit dem Gesamtklinikum Schaumburg sei man gut aufgestellt, schließlich böte die Zusammenlegung viele Chancen. Neue Technologie, optimierte Prozesse und kurze Wege können die Arbeit erleichtern, erklärte Geschäftsführerin Bettina Geißler-Nielsen. Schon jetzt würden die Mitarbeiter in die Optimierung der Arbeitsprozesse eingebunden, um die Situation rund um die Arbeitsspitzen zu entlasten, berichtete Pflegedirektorin Susanne Sorban. Welche Auswirkungen die Krankenhausreform für das Gesamtklinikum habe, könne man jetzt allerdings noch nicht vorhersehen, sagte Achim Rogge. Der aktuelle Gesetzentwurf stärke die Qualität der Krankenhausversorgung und sorge für mehr Pflegekräfte am Krankenbett, heißt es von Seiten des Bundesgesundheitsministeriums. Die Schwerpunkte des Gesetzes sehen unter anderem vor, Qualität als Kriterium bei der Krankenhausplanung einzuführen sowie ein Pflegestellen-Förderprogramm und einen Strukturfonds einzurichten. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Die Reform stößt allerdings unter anderem bei Ärzten, Krankenhäusern und Gewerkschaften auf Kritik. "Die Regierung kennt die dramatischen Auswirkungen der Personalnot für Patienten, doch sie handelt nicht", teilte Aysun Tutkunkardes, Gewerkschaftssekretärin des ver.di Bezirks Hannover/ Leine-Weser in einer Presseerklärung mit. Ein Pflegeförderprogramm für 1 bis 3,5 Pflegestellen pro Krankenhaus bringe den Patienten niemals die dringend notwendige Verbesserung der Versorgung, hieß es von Gewerkschaftsseite. Bei der heutigen Aktion wollen die Angestellten die Personalnot sichtbar machen, indem sie Nummernkarten auf eine Leine aufhängen. Damit wollen sie deutlich machen, wie viele Beschäftigte in dem jeweiligen Haus fehlen würden. Foto: mh