Oerlinghausen (kd). Heidelberg, Hamburg und selbst die japanische Stadt Kyoto hat einen Philosophenweg. Auch in Oerlinghausen trägt ein Wanderweg nördlich des Tönsbergs diese Bezeichnung. Wie es zu der Namensgebung kam, berichteten Inge Berghoff und Klaus Ober in der Monatsversammlung des Ortsvereins Oerlinghausen im Lippischen Heimatbund. In der Zeit, als Oerlinghausen noch den werbenden Zusatz "Sommerfrische" trug, hat der Verkehrs- und Verschönerungsverein die Vorteile des Weges herausgestellt. In einer Broschüre von 1906 heißt es, es sei ein "bei Südwestwinden völlig geschützter, reizender Promenadenweg". Er sei fast ganz eben und biete "reizvolle Blicke auf das zu Füßen liegende Dorf". Viele Bänke "laden zu behaglicher stiller Ruhe oder zur Umschau ein." Bei ihren weiteren Recherchen fanden Berghoff und Ober im Landesarchiv eine Handrisskarte aus dem Jahr 1880, die ebenfalls schon den Philosophenweg aufführte. Auf der anderen Seite war der Bruder des Kaufmanns Carl David Weber mit einer Heidelbergerin verheiratet. Ihr gemeinsames Kind Max, der später als Soziologe berühmt wurde, hielt sich in beiden Orten auf. Daher dränge sich die Vermutung auf, dass der ungleich bekanntere Hangweg in der Neckarstadt Pate für die Strecke in Oerlinghausen gestanden habe. "Wir dürfen also annehmen, dass auf Grund der verwandtschaftlichen Beziehungen der Oerlinghauser Firma Ceweco zu dem Soziologen Max Weber unser Philosophenweg seinen Ursprung in Heidelberg hatte", stellte Inge Berghoff fest. Heute seien die früheren Ausblicke leider nicht mehr möglich, meinte Inge Berghoff. Der Oerlinghauser Philosophenweg halte auch einem Vergleich mit dem Heidelberger Namensvetter und seinem Blumenschmuck nicht stand. Es wäre doch schön, so meinte sei, wenn er wiederentdeckt und ein wenig aufgewertet werden könnte. "Man muss nicht immer neue Wege gehen, manchmal muss man auch die alten gehen", zitierte Inge Berghoff einen Sinnspruch. Den Namen Carl David Weber griff Heimatforscher Werner Höltke auf, um über die Geschichte des Weberparks zu referieren. Der Leinenhändler Weber stammte aus einer Bielefelder Familie. Er verließ die Stadt jedoch, weil er "bei den Preußen kein Soldat werden wollte." 1850 fand er als 26-Jähriger in Oerlinghausen neue, geeignete Bedingungen für sein Gewerbe. Das Ceweco-Gebäude existiert bis heute. Von hier aus vertrieb er die Leinenstücke, die von den lippischen Hauswebern hergestellt wurden. 1869 kamen die Näherei, Zuschneiderei und Versandabteilung hinzu. Mit mehr als tausend Beschäftigten wurde Weber zum zweitgrößten Steuerzahler in Lippe. Zwischen 1895 und 1897 ließ sich Weber neben der Produktionsstätte eine private Villa bauen. Der ab dem Jahr 1900 angelegte Park mit exotischen Bäumen und Pflanzenarten zeugte ebenso von seinem Wohlstand wie die beiden Tennisplätze hinter dem imposanten Wohnhaus. Später kam noch der erste Swimmingpool Oerlinghausens hinzu. Der Park war für die Öffentlichkeit gesperrt, berichtete Höltke. "Hier durften nur die Angestellten ihre Mittagspause verbringen." Obwohl er sich lange gegen die mechanische Weberei gewehrt hatte, erlebte der Firmengründer die Einführung der Maschinen in seinem Betrieb noch mit. Carl David Weber verstarb 1907 im Alter von 83 Jahren. 1976 wurde der Park an die Stadt Oerlinghausen verpachtet. Nachdem sie drei Jahre nicht zugänglich war und aus Sicherheitsgründen mehrere Bäume gefällt wurden, ist die Grünanlage seit April 2014 wieder öffentlich zugänglich.
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Der Weg der Philosophen
Die "reizende Promenade" wartet auf ihre Wiederentdeckung
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