LOCCUM (jan). "Sind Sie Luther?" Diese Frage ist oft gestellt worden beim Treffen der ‚Freunde des Klosters Loccum’. Denn schließlich sind die diesjährigen Themen des Tages das Erbe beziehungsweise die Erben der Reformation gewesen.
Aufs ‚Klostersofa’ hat Michael Eberstein, Chefredakteur der Evangelischen Zeitung, seine Gäste zu Gespräch und Diskussion über die Reformation nach und nach gebeten – und hat dabei die übliche Anstandsregel ‚Ladys first’ zugunsten des wohl einzigen Katholiken im Saal außer Kraft gesetzt. Dass selbst Christian Hennecke vom Bistum Hildesheim auf die Frage, ob er ‚Luther’ sei, nicht mit einem klaren Nein reagierte, sagt einiges aus über das, was vor 500 Jahren mit dem Thesenanschlag an der Kirche zu Wittenberg seinen Anfang nahm. Was Luther damals anzettelte, bewegt bis heute die Gemüter, wird aus vielen Blickwinkeln betrachtet und das sowohl im positiven wie auch im negativen Sinne. Luther, der schließlich auch Katholik war, lasse ihn unter anderem ‚Luther’ sein, meinte Hennecke. Viel lernen könne er von Luther, von der Erneuerung der Kirche, die er seinerzeit angeschoben habe. Nicht außer acht gelassen werden dürfe aber auch, dass eine schwere Hypothek mit der Reformation einhergehe: "Dass wir nicht mehr eine Kirche sind." Nicht mehr eine Kirche zu sein auf der einen Seite, andererseits aber die zahlreichen Annäherungen, die Katholiken und Protestanten einander über die Jahrhunderte wieder näher gebracht haben, standen auch im weiteren Verlauf der Podiumsdiskussion im Mittelpunkt. Dass er ein guter Pastor sei aber doch ziemlich katholisch, sei ihm während seiner Zeit als Gemeindepastor in Ostfriesland nachgesagt worden, bekannte Arend de Vries etwa. Festgemacht habe die Gemeinde das unter anderem an seiner Art, das Abendmahl zu feiern – nicht gar so spartanisch, wie es die Ostfriesen gewohnt gewesen seien, sondern vielmehr so, wie er es in seiner Zeit als Vikar im Loccumer Predigerseminar gelernt habe. Gerade in der Liturgie zeige sich heutzutage die Annäherung, sagte der geistliche Vizepräsident im hannoverschen Landeskirchenamt. Taufkerzen in evangelischen Kirchen seien schon längst nicht mehr undenkbar, sondern gehörten einfach dazu. Den Blick richtete de Vries unterdessen auch auf das Reformationsjubiläum im Jahr 2017. Die Jubelfeiern, die vor 100 und vor 200 Jahren begangen wurden, seien eine ausreichende Warnung. De Vries, der von der Landeskirche als Beauftragter für das Jubiläum eingesetzt wurde, erinnerte daran, dass Jubiläen immer auch im Kontext der Zeit gefeiert würden. Eine Jubel-Feier könne das Reformations-Jubiläum also nicht sein. Vielmehr müsse vieles bedacht werden: dass 500 Jahre Reformation auch eine Geschichte der Trennung seien, dass der Blick auf das jüdische Volk neu habe ausgerichtet werden müssen und dass über all dem auch anerkannt werden müsse, dass Luther in seiner Zeit zu verstehen sei. ‚Luther sein’ wollten in vielerlei, aber keinesfalls in jeder Hinsicht alle, die auf dem Podium im Loccumer Kloster saßen – mit kritischem Blick wird der Reformator betrachtet. Foto: jan