LINDHORST (pp). Auf sehr große Resonanz ist der vom Senioren- und Behindertenbeirat der Samtgemeinde Lindhorst angebotene Vortrag von Dr. Justus Pahlow zum Thema "Palliativmedizin – stationäre und ambulante Pflege" gestoßen. Der Mediziner, der dem "Palliativ Care Team Schaumburg" (PCT) angehört, referierte vor über 80 Zuhörern im Dorfgemeinschaftszentrum Hof Gümmer.
"Wir haben nach unserer letzten Veranstaltung abgefragt, welche Themen für die Senioren von besonderem Interesse sind. Da stand die Palliativmedizin ganz oben auf der Wunschliste", erklärte Hans-Georg von Fersen, stellvertretender Vorsitzender des Beirates, den Hintergrund der Veranstaltung.
"Palliativarbeit ist medizinische Arbeit, die keine Heilung mehr erreichen kann, aber versucht, die Würde des Menschen so lange wie möglich zu erhalten", definierte Pahlow seine Tätigkeit, in die er nach Aufgabe seiner Hausarztpraxis sein Herzblut einbringt. "Gefühlt heißt das: ‚Da kannst Du nichts mehr machen’. Wir setzen dagegen: ‚Jetzt gibt es viel zu tun’".
80 Prozent der Menschen hätten Angst vor Schmerzen, berichtete Pahlow. Dazu kämen Sorgen rund um Durst, Atemnot, Übelkeit, Juckreiz und Schläuche sowie davor, Dinge abverlangt zu bekommen, die der Patient nicht mehr will. Der Wunsch sei meist, zu Hause bei der Familie einschlafen zu dürfen.
"Es geht hier allein um den gehenden Menschen und nicht darum, was ein Arzt oder die Angehörigen meinen. Dabei ändern sich die Wünsche mit dem Krankheitsverlauf oft und drastisch. Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, sind aber bemüht, den Tagen mehr Leben zu geben. Witze zu erzählen kann ebenfalls dazugehören. Es gibt auch immer wieder positive Momente. "
Der schwierigste Teil, so Pahlow, sei oft der Schutz des Patienten vor seinen gut meinenden Angehörigen. "Ein gehender Patient wird nicht sterben, weil er nicht isst und trinkt, sondern er isst und trinkt nicht, weil er stirbt. Jedes Aufdrängen ist für den Patienten und seinen Körper eine Qual", wurde der Mediziner deutlich. "Die Würde, die Wünsche und Ablehnungen sind bis zum letzten Augenblick zu akzeptieren. Vermeiden Sie Flüstern und Kindersprache und sagen Sie nie, es sei ja alles gut. Der Patient weiß, dass er stirbt!"
Erreichbar ist das PCT unter der 24-Stunden-Hotline 05722-890640. Als Erstadresse ist der Hausarzt richtig, er kann das PCT in die Therapie einführen. Die Betreuung durch das Palliativteam verursacht für den Patienten keine zusätzlichen Kosten, sondern es handelt sich um eine gesetzlich zustehende Kassenleistung. In Zusammenarbeit mit dem PCT ist in Extremsituationen die Weiterleitung in ein Pflegeheim oder ein Hospiz möglich. "An den Kosten scheitert die Hospizunterbringung in notwendigen Fällen nicht!", betonte Pahlow. "Der Zeitpunkt, uns zu kontaktieren, ist gekommen, wenn sie Angst haben, die Entwicklung könnte sie überfordern. Foto: pp