RINTELN (ste). Der See-
adler brütet im Bereich des Ludwigsturms und daher sperrte die Forst einige der Wege in Richtung Klein Heßlingen, Rumbeck und Friedrichsburg, damit das brütende Seeadlerweibchen nicht gestört wird und eventuell die Brut bei fehlendem Schutz durch die Mutter durch Kälte oder Hitze negativ beeinträchtigt wird. Forstdirektor Christian Weigel und Revierförster Torsten Buchholz hatten darauf gehofft, dass das Gelege dadurch ausreichend geschützt wird. Jetzt jedoch stellen sie fest, dass es einen regelrechten "Adlertourismus" gibt. Und obwohl die Lage des Nestes geheim gehalten wird, suchen die Menschen nach dem Adlerhorst. Das, so die beiden Förster, ist ein Verstoß und kann empfindlich geahndet werden. Bereits im letzten Jahr hatte es einen Brutverdacht gegeben und dann mussten Weigel und Buchholz feststellen, dass der Sturm den Horst vom Baum gefegt hatte. Eine Konsequenz aus dem brütenden Seeadlerpärchen ist es, dass nach 39 Jahren "Himmelfahrt am Ludwigsturm" die Veranstaltung erstmals dort abgesagt wurde und nur noch am Feuerwehrhaus gefeiert wird. Die Forst wird auch am Himmelfahrtstag Kontrolle durchführen, ob Vatertagsfeiernde die seit Anfang März bis zum 30. Juni gesperrten Wege begehen.
Weigel und Buchholz dankten übrigens ausdrücklich Ortsbrandmeister Jörg Großkop und seinen Feuerwehrleuten: "Es gab Null Diskussion als wir darum baten, in diesem Jahr nicht am Ludwigsturm zu feiern; die Einsicht war groß!"
Angriffe des Seeadlers auf Wanderer, wie etwa beim Bussard an der "Langen Wand", seien übrigens nicht zu befürchten, so die beiden Experten. Der Seeadler sei darüberhinaus ein eher "fauler" Greifvogel. Sein Beuterevier sei ausdrücklich die Auenlandschaft Oberweser. Dort finde er reichlich Nahrung wie etwa Junggänse oder kleine Kormorane: "Die werden in ihrem Nest serviert wie auf einem Teller", so Weigel, der auch weiß: "Über ihren Tellerrand hinaus fliegen sie nur selten. Der Weg führt sie zum Beuterevier und dann wieder zurück zum Horst zur Fütterung der Jungen!" Die möglichen Windräder auf der anderen Weserseite seien dabei zu vernachlässigen: "Erst wenn die Jungen flügge sind und aus dem Nest vertrieben werden, fängt deren großer Flug an!" Dabei könnten sie natürlich Opfer von Windrädern werden: "Aber ob das die in Westendorf, welche Richtung Hannover oder gar im Elsass sind, das kann keiner sagen!" Ein viel größeres Problem sieht Weigel in der Verwendung von bleihaltiger Munition durch Jäger: "Solche Aufbrüche nimmt er gerne, geht dann aber an Bleivergiftung ein!"
Die Aussage über das Beute- und Flugverhalten hörte Dr. Gert Armin Neuhäuser (WGS) mit "...Verwunderung": "Wissenschaftlich gesehen Unfug", so Neuhäuser. Es entspreche vielmehr naturschutzfachlicher Praxis, einen Radius von mindestens 3.000 Metern um den Brutplatz von Widenergieanlagen freizuhalten; empfohlen würden sogar 6000 Meter.
Und Neuhäuser legt noch nach: "Es wäre schön, wenn sich auch das Forstamt mehr für den Erhalt unserer Landschaft und der darin vorkommenden Arten posi-tionieren würde!" Foto: ste