1. "Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten"

    Stationärer Einzelhandel leidet unter dem Druck durch den Online-Handel

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    Kreis Lippe/Detmold (nok). Der Strukturwandel im Einzelhandel setzt sich weiter fort. Der stationäre Anteil sinkt, während der Onlinebereich weiter wächst und auch 2014 zweistellige Zuwachsraten (17 Prozent) zu verzeichnen hatte. Das bundesweit nominale Handels-Umsatzwachstum von 1,9 Prozent basiere nahezu ausschließlich auf Zuwächsen im Onlinehandel, erklärten Kai Buhrke (Geschäftsführer) und Thomas Voss (Vorsitzender) vom lippischen Handelsverband bei der Vorstellung jüngster Entwicklungszahlen. Bestätigt wird der Trend der statistischen Auswertungen durch zunehmende Leerstände in den Zentren vieler Klein- und Mittelstädte. Gesättigte Märkte und hohe Ausstattungsgrade der privaten Haushalte bereiten dem Handel große Sorgen und lassen für Verbandsspitze auch nur vorsichtige Prognosen für 2015 zu.

    "Trotz guter konjunktureller Rahmenbedingungen – niedriges Zinsniveau und hohe Erwerbstätigkeit – wird der Einzelhandel in Lippe 2015 voraussichtlich weitere Anteile am privaten Konsum verlieren", erwartet Kai Buhrke. Die Menschen geben mehr für Freizeit, Urlaub, Wohnen und Altersvorsorge aus.

    Das alles habe den Anteil des Einzelhandelsumsatzes am privaten Verbrauch auf rund 28 Prozent schrumpfen lassen. Vor 15 Jahren lag der Anteil noch bei etwa 35 Prozent.

    Im Gegensatz zum Bundestrend sind die Jahresumsätze im lippischen Einzelhandel um 1,5 Prozent auf insgesamt 1,64 Milliarden Euro gesunken. Bundesweit betrug der Jahresumsatz des Einzelhandels (ohne KFZ, Tankstellen, Brennstoffe und Apotheken) nach Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes und des Handelverbands Deutschland bei 459,3 Milliarden Euro. Rund ein Zehntel des gesamten Einzelhandelsumsatzes wird inzwischen vom Onlinehandel umgesetzt. Jeder Fünfte Verbraucher geht nach Marktforschungsergebnissen verstärkt im Internet einkaufen und verzichtet somit auch immer häufiger auf einen Innenstadtbesuch. Diese Tendenz führt nach Ansicht von Thomas Voss nicht nur zu erheblichen Problemen und Sorgen im stationären Einzelhandel, sondern auch zu einem deutlichen Verlust an Lebensqualität. Neben den "virtuellen Mitbewerbern" verspürt der Einzelhandel in den lippischen Innenstädten zusätzlichen Druck durch immer mehr Hersteller-Händler (Outlets), Einkaufszentren an den Stadträndern, zahlreichen Filialisten und Handelsketten sowie durch den Kaufkraftabfluss in benachbarte Oberzentren. Dass bundesweit inzwischen über die Hälfte aller Einzelhändler in den Innenstadten sinkende Kundenfrequenzen registrieren, sollte nach Ansicht des lippischen Handelsverbandsvorsitzenden Thomas Voss, der selbst Inhaber eines Modegeschäftes in Lage ist, zum Umdenken beim Verbraucher führen. Dass der Online-Handel in einigen Segmenten bereits einen Marktanteil von über 30 Prozent aufweisen kann, stimmt Voss nachdenklich. "Hier entwickelt sich zunehmend eine Vernichtung und Entwertung menschlicher Arbeitskraft. Darüber sollte der Verbraucher nachdenken", so Voss.

    Der stationäre Einzelhandel in den lippischen Innenstädten sei aber keinesfalls perspektivlos. Er müsse Chancen erkennen und Überzeugungsarbeit leisten.

    "In Zeiten zunehmender Anonymität, Vereinsamung und ausufernder technischer Kommunikation, müsse der inhabergeführte Einzelhandel seine Trumpfkarte des persönlichen Kontakts zum Kunden verstärkt ausspielen. "Handel ist Kommunikation und diese direkt von Auge zu Auge führen zu können, ist ein unsagbarer Vorteil. Wir müssen unseren Kunden verdeutlichen, dass ein Einkauf vor Ort, den man mit allen Sinnen erleben kann, deutliche Vorteile gegenüber einem anonymen Bestellschein hat", appelliert der Lagenser an seine Einzelhandelskollegen.

    So blicken Kai Buhrke und Thomas Voss verhalten optimistisch in die Zukunft und hoffen, das der lippische Einzelhandel – nicht zuletzt durch ein Umdenken beim Verbraucher – nicht hinter dem erwarteten Umsatzplus von 1,5 Prozent für 2015 zurückbleiben wird.

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an