1. Am Ende reichen sich alle die Hand

    300 Mitglieder aus sechs verschiedenen Religionen geben sich in Sankt Nikolai-ein Stelldichein

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    RINTELN (km). Mit der musikalischen Darstellung des Artikels 1 der Erklärung der Menschenrechte, intoniert von den Gospelchören aus Rinteln und Bad Eilsen wurde jetzt eine bislang einzigartige Veranstaltung eröffnet: In der Nikolai-Kirche trafen sich Repräsentanten und Mitglieder von sechs verschiedenen Religionen.

    Rund 300 Gäste konnte Dr. Peter Neumann vom Haus der Weltreligionen dabei begrüßen - ein rundes Drittel davon Muslime aus Rinteln und Umgebung.

    "We are changing the world" sangen die Chöre im Folgenden, bevor Superintendent a.D. Dr. Peter Neumann seiner Freude darüber Ausdruck verlieh, dass so viele Menschen gekommen waren. Das sei "schön und wichtig", weil Solidarität auch etwas mit Quantität zu tun habe. Neben den vielen Muslimen begrüßte Neumann besonders auch drei ihrer Geistlichen: Die Imame Idris Tasova (Rinteln), Mehmet Kilinc (Bückeburg) und Mustafa Ülgen aus Sarstedt.

    "We are changing the world" - "ja, das möchten wir: Wir möchten die Welt verändern. Mit Blick auf Morgen soll es kein Morden an Kindern und Erwachsenen, keine Vergewaltigung von Mädchen und Frauen mehr geben, kein Niederbrennen von Städten und Dörfern," so Neumanns Reprise - "schon gar nicht im Namen Gottes oder eines Religionsstifters. Gott braucht solchen Hass nicht und der Hass braucht auch keinen Gott. Deswegen darf es auch keine Diffamierung von Menschen geben, bloß weil sie einen anderen Glauben leben oder die Welt mit anderen Augen sehen."

    Alle Menschen seien frei an Würde und Rechten geboren. Dazu Neumann: "Deswegen sind wir hier, um uns Hand in Hand an die Seite unserer muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in dieser Stadt, in diesem Landkreis, ja in unserem ganzen Land zu stellen. Sie gehören zu uns. Mögen andere - wie etwa die Anhänger von "PEGIDA" - darüber denken, was sie wollen."

    "Das Fremde darf uns nicht fremd bleiben," forderte Bürgermeister Thomas Priemer in einem Grußwort, und stellte gleichzeitig fest, dass es in Zeiten zunehmder Globalisierung verständlich sei, dass Menschen sich verstärkt durch ihren Glauben, ihre Kultur oder ihre Sprache identifizierten. Das sei "letztendlich ein natürliches Bedürfnis nach Abgrenzung" - das aber mit "gesellschaftlicher Offenheit" einher gehen solle. -

    Für weitere musikalische Beiträge verantwortlich zeichneten in der Folge ein junges Posaunen-Trio der Kreisjugendmusikschule, bevor die Repräsentanten der Religionen aktiv wurden. Für den Hinduismus sprach Kathirgamar Kanagarajah, für den Buddhismus Michael Schmidt, und die drei Imame interpretierten auf muslimische Art "llahi" - Islamische Gedichte und Erzählungen über Gott und das, was er alles erschaffen hat. Die Beiträge für das Christentum und die Bahai‘i-Religion lieferten Annegret Dreyer und Gisa Meier-Floeth, für das Judentum und den Islam waren Peter Wendt und Idris Tasova zuständig.

    Bei der Verabschiedung stellte Dr. Peter Neumann noch einmal die Frage, ob der Hass einen Gott brauche - und lieferte auch gleich eine Antwort auf die eigentlich rhetorische Frage: "Natürlich nicht, meine Damen und Herren, und Gott braucht den Hass nicht." Gott, der Schöpfer der Welt, sei "hoch erhaben über unser menschliches Gezänk. Wir sollten alle - und damit meine ich nicht nur die Muslime in der Welt - wir sollten alle gelassener werden, wenn unser Gott oder seine Gesandten verunglimpft oder beleidigt werden - in welcher Form auch immer." Auch Karikaturen seien kein zureichender Grund, aufeinader loszugehen, "auch wenn sie hämisch, gemein oder einfach nur albern und blöd sind." -

    Symbolträchtige Geste am Ende der Veranstaltung: Bevor die Gäste an Tischen noch zu Gespräche eingeladen waren, nahmen sich alle etwa 300 Menschen in der Kirche bei den Händen. Foto: km

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