Kreis Lippe (la). Wie wohl fühlen sich unsere Tiere? Was ist unter einer tiergerechten Haltung zu verstehen, was unter Massentierhaltung? Gehen die Bauern verantwortungsbewusst mit ihren Schweinen um? Nutztierhaltung gestern und heute: Was hat sich geändert und warum? Fragen, die der Lippische Landwirtschaftliche Hauptverein in einer Lehrerfortbildung diskutierte. Auf dem Schweinebetrieb von Friedrich-Wilhelm Petig in Dörentrup-Bega erlebten 15 Lehrer der Karla-Raveh Gesamtschule Landwirtschaft aus erster Hand.
Vater Friedrich-Wilhelm Petig und Sohn Matthias gaben den Lehrern zunächst einen Überblick über die Schweinehaltung auf ihrem Hof: "Wir halten Sauen und Mastschweine, der Schwerpunkt liegt auf der Zucht", so Matthias Petig. Die Lehrkräfte schauten sich die unterschiedlichen Haltungsformen auf dem Hof an. Der persönliche Kontakt zu den Schweinen fehlte bei der Führung ebenso wenig wie das Probieren bzw. Anfühlen des tierischen Futters. "Bei uns werden die Zuchtsauen auf Stroh, die Schwäbisch-Hällischen Schweine im Sommer auf der Weide und im Winter im Stall auf Stroh und ein Teil der Ferkel in speziellen Hütten draußen gehalten", so Matthias Petig. Eine Besonderheit auf dem Hof Petig ist die Zucht der alten Hausschweinerasse Schwäbisch-Hällisches Schwein. Seit fünf Generationen, seit den 1930er Jahren, werden die Schweine mit der typischen Schwarz-Weiß-Färbung gehalten. Die Rasse stammt aus Baden-Württemberg und ist vorwiegend dort verbreitet. "Wir sind der einzige Zuchtbetrieb nördlich des Mains", unterstreicht Betriebsleiter Friedrich-Wilhelm Petig.
In den heutigen Ställen seien die Größenordnungen zwar höher als früher, doch die Haltungsbedingungen und Umweltmaßnahmen seien stetig verbessert worden. Oft würde von Massentierhaltung gesprochen, doch was sei darunter zu verstehen? "Die Lebensqualität und die Gesundheit der Tiere sind nicht abhängig davon, ob sie in einem Stall mit 3000, 2000 oder nur 500 Schweinen gehalten werden", erläutert der stellvertretende Hauptvereinsvorsitzende Reinhard Petig. Wichtig sei, dass die Haltungsbedingungen, die Fütterung und die gesundheitliche Betreuung stimmten. Auch die Lebensqualität eines Menschen hänge nicht davon ab, ob er in einem Dorf oder in einer Millionenmetropole lebe, sondern von den jeweils spezifischen Bedingungen. Reinhard Petig unterstreicht, dass landwirtschaftliche Nutztiere nicht wie Haus- und Kuscheltiere, aber auch nicht wie Wildtiere gehalten werden können und sollten. Nach der Stallbesichtigung diskutierte der Berufsstand mit den Lehrern. Hier ging es um die Aspekte Tierwohl, Tierschutz, Verbraucherinteressen, ökonomische Zwänge und Wettbewerbsfähigkeit der heimische Höfe. Der stellvertretende Verbandsvorsitzende stellte die zu Jahresbeginn gestartete Initiative Tierwohl vor. "In dieser Initiative haben sich die Landwirte, die Schlachter und der Lebensmitteleinzelhandel zusammengeschlossen." Ziel sei es, zusätzliches für die Tiere anzubieten, was ihrem Wohlbefinden gut tut. Dazu wurden Tierwohlkriterien entwickelt, die deutlich über gesetzliche Regelungen hinausgehen. "Die Landwirte bekommen dafür einen Kostenausgleich", betont Reinhard Petig.
Weiter stellte er heraus, dass die Landwirte aktuell unter einem hohen Preis- und Kostendruck ständen und gleichzeitig mit steigenden Anforderungen hinsichtlich Gesetzgebung und Auflagen konfrontiert würden. Hier appelliert der stellvertretende Vorsitzende: Die Politiker sollten daran denken, dass Landwirtschaft auch weiterhin wirtschaftlich sein müsse um zu überleben. "Gerade kleineren Höfen, denen das Geld für große Investitionen fehlt, darf man durch die vielen politischen Entscheidungen nicht die Luft zum Atmen nehmen", ergänzt Reinhard Petig.
Abschließend verdeutlicht der stellvertretende Verbandsvertreter, wie wichtig die Darstellung und Vermittlung des grünen Berufszweiges sei. Immer weniger sei bekannt, wie ein Bauer heute arbeite. Viele hätten keine Vorstellungen mehr davon, wie Nahrungsmittel erzeugt werden. Die landwirtschaftliche Erzeugung stehe daher leider zunehmend im Fokus der öffentlichen Meinung. Deshalb setzen die heimischen Landwirte auf Offenheit, auf die Erfahrbarkeit der heutigen Landwirtschaft. "Denn welche Fortschritte jeder neu gebaute Stall für die Tiere bedeutet, sehen Außenstehende oft nicht, das müssen wir erklären und zeigen", beschreibt Reinhard Petig.