STADTHAGEN (jl). "Lastwagen zu fahren ist die Königsklasse, der Bus ist die Kaiserklasse", kommentiert Busfahrlehrer Ulrich Schreiber, während er sieben Frauen erklärt, wie sie das Zwölf-Meter-Gefährt lenken. Hinter dem Steuer sitzt Ilona Bommrowitz. "Ich wollte einfach mal was Großes fahren", sagt die Pollhägerin. Der Job als Busfahrerin komme für sie auf jeden Fall in Frage, "weil ich gerne etwas unterm Hintern habe", wie es die 47-Jährige ausdrückt. Die Aktion auf vier Rädern mit der Akademie "Ausbildung + Verkehr" war Bestandteil, und sicherlich auch das Highlight, des ersten Infotags für Frauen zum beruflichen Wiedereinstieg in der Stadthäger Agentur für Arbeit. Wer bereit ist, sich neu zu orientieren, findet leichter den Weg zurück auf den Arbeitsmarkt. Ein Beispiel: Wie die Experten vor Ort erklärten, werde es in den kommenden Jahren an Lkw- und Busfahrern mangeln, 100.000 beziehungsweise 40.000 an der Zahl. Für Frauen stünden die Chancen sehr gut, hier Arbeit zu finden – auch in Teilzeit. Allein deswegen ist Petra Scharnhorst gekommen, die davon überzeugt ist, "auf die Straße" zu gehören. Sie fährt Motorrad und nach dem Taxi ist jetzt der Bus an der Reihe. Der Wunsch der 46-Jährigen: Erst Linienverkehr, solange ihr Sohn noch zur Schule geht, und dann ab in den Reisebus. Um Busfahrerin zu werden, muss sie übrigens nur ein halbes Jahr einplanen.
Was in Hameln bereits seit Jahren erfolgreich läuft, feierte am vergangenen Mittwoch Premiere in der hiesigen Kreisstadt – ebenfalls äußerst erfolgreich. "Wir sind mit dem Infotag hochzufrieden, wir haben jetzt schon mehr als 150 Frauen gezählt", freute sich der stellvertretende Geschäftsstellenleiter Jörg Lücking, am frühen Vormittag.
Ein kunterbuntes Programm machte Lust und Mut auf das Berufsleben. Während einen bereits eine Anlagenmechanikerin, Tischlerin und Chemikantin auf Stellwänden begrüßten, ging es beim Bewerbungsmappen-Check praktisch zur Sache. Der große Andrang führte zeitweise sogar zum Schlangestehen. Dass eine Durchsicht oftmals mehr als sinnvoll ist, bekräftigte Mitarbeiter Ralf Sauer, der vielen Dokumenten einen "uralten Standard" attestierte. "Hier kann man noch einiges rausreißen und die Bewerbungen auf einen aktuellen Stand bringen." Nur wenige Meter weiter zeigte Janine-Amanda Brooks, wie sich Frau für ein Bewerbungsgespräch stylt. "Es sollte ein dezentes, nicht zu auffallendes Tages-Make-up sein", erklärte die angehende Kosmetikerin und Visagistin (Schulen Dr. W. Blindow), während sie einer Dame Puder auftrug. Gleiches gelte für die Lippen, Finger weg von Neontönen. Als Outfit komme ein schwarzes mit weißer Bluse immer gut. "Es hängt vom Typ ab, aber ein bisschen Schminke tut jedem gut. Sie lässt einen frisch aussehen."
Um aber überhaupt wieder ins Berufsleben einstiegen zu können, muss die Versorgung des Nachwuchses gewährleistet sein. "Die Kinderbetreuung ist immer das A und O bei der Berufstätigkeit von Frauen, um flexible Arbeitszeiten zur Verfügung stellen zu können", sagte Helga Kappmeyer, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Über das Wie und Wo informierte die Kinderbetreuungsagentur des Landkreises. Beratungsstände, Theatersketche und Vorträge rundeten den Infotag für Frauen ab. Foto: jl