Lemgo (nr). Lügen haben ja bekanntlich kurze Beine. Bei all den netten, frechen, flachen, intelligenten, dummen oder manchmal sogar gemeinen Lügen, müsste eigentlich die halbe Welt mit zu kurzen Beinen herum laufen. Tut sie aber nicht.
Frank Wiemann: Dafür gibt es ja Pinocchio. Er bekommt eine lange Nase, wenn er lügt. Oft genug muss er Lehrgeld für seine Lügen zahlen und irgendwann erkennt er, dass er damit nur die verletzt, die er am meisten liebt.
Pinocchio: Das waren höchstens mal Notlügen und das sind keine richtigen Lügen. Und die Sache mit der Nase war wirklich ein bisschen übertrieben.
Warum lieben die Menschen diese Geschichte?
Frank Wiemann: Das ist einfach. Das sind Erinnerungen an die eigene Kindheit. Wer von uns wollte denn jahrelang zur Schule gehen? Wie viel schöner wäre es gewesen, nur zu tun, was man wollte. Einfach Abenteuer erleben.
Pinocchio: So wie ich!
Frank Wiemann (lacht): Nein, nicht ganz. Von zu Hause weglaufen und sich auf Gauner einlassen ist nicht dass, woran ich denke.
Pinocchio: Ich bin viel zu klug, um auf die Lügengeschichten herein zu fallen. Besonders nicht bei Fuchs und Kater. Die habe ich sowieso immer sofort durchschaut.
Oh, ich glaube Deine Nase ... War sie nicht gerade noch etwas kürzer ... also nur ein kleines bisschen ... ?
Pinocchio: Das muss an den Lichtverhältnissen liegen.
Frank Wiemann: Pinocchio ist ja nicht böse, der Holzkopf ist nur ein bisschen gutgläubig. Aber das ist ja gerade das Spannende an diesem Märchen. Man glaubt doch gerne dass, was dem Anschein nach Vorteile bringt.
Du hast ja nicht nur die Regie gemacht, Du spielst auch die Rolle des Fuchses ...
Frank Wiemann: Der, wie der Kater auch, ganz schnell das Publikum in den Bann ziehen kann. In einem Märchen den Bösewicht zu spielen, macht ungeheuren Spaß! Wir schaffen es immer, das Publikum auch mal auf die Seite der Gauner zu ziehen. Die Kinder lieben es besonders, wenn wir zum Beispiel sagen, dass Schule doch eigentlich doof ist (er lacht). Nein, wirklich, da gibt es viele Momente, in denen wir augenscheinlich erst mal nicht die Bösen sind. Abgesehen davon sind wir ja ganz reizend gemein.
Pinocchio: Genau, die anderen fallen nämlich auch auf die Reden der beiden Gauner rein. Nimm mal nur die Kinder im Publikum. Die glauben den beiden nämlich alles und nur deshalb mache ich dann auch das, was Fuchs und Kater und die anderen Gauner tun. Ist ja nicht meine eigene Entscheidung.
Frank Wiemann: Tja, und die Lichtverhältnisse hier werden auch immer schlechter.
Aber Pinocchio trifft ja nicht nur die Gauner Fuchs und Kater. Er gerät immer wieder in ziemlich abenteuerliche Situationen aus denen er dann auf recht ungewöhnliche Weise heraus kommt.
Pinocchio: Die allerschönsten Abenteuer sind das! Aber ich brauche keine Hilfe, das Ende...
Frank Wiemann: ... werden wir nicht verraten. Und, Pinocchio, Du sitzt wirklich ungünstig. Bei den Lichtverhältnissen könnte man meinen … aber ernsthaft, als ich das fantastische Buch von Carlo Collodi wieder gelesen habe, hatte ich oft das Gefühl, dass der Autor sich in irgendwelche Ecken manövriert hat, aber mit genialen Finten letztendlich immer wieder die Geschichte in andere Bahnen gelenkt hat.
Pinocchio, wie vielen Zuschauern möchtest Du denn im April im Kulturbahnhof noch Deine Geschichte erzählen?
Pinocchio: Na allen, die eigentlich zu kurze Beine haben müssten – weil die mich am besten verstehen werden (er lacht). Nein, ich lade einfach alle ein – am liebsten mit ganz vielen Kindern, aber natürlich auch Erwachsenen!
Vielen Dank für
das nette Interview!