Detmold (ab). Jeder soll alles verstehen können. Darum gibt es die Leichte Sprache. Sie hat eigene Regeln. Damit kann man schwere Texte übersetzen. Texte in Leichter Sprache kann man besser verstehen. Mitarbeiter von der Lebens-Hilfe Detmold lernen die Regeln.
Einige Menschen haben eine Arbeits-Gruppe gegründet. Sie sind Fach-Leute für Leichte Sprache. Ihr erstes Ziel: Sie übersetzen gemeinsam das Info-Blatt von der Beratungs-Stelle für Menschen mit Behinderung.
Die Einleitung zu diesem Artikel ist der erste Versuch des Redakteurs, in Leichter Sprache zu schreiben. Die ursprüngliche Fassung wurde von der Arbeitsgruppe geprüft und deren Anmerkungen so gut es ging übernommen. Die Regeln der Leichten Sprache sind umfangreich, nicht jede lässt sich ohne Weiteres in der Zeitung umsetzen: Kurze und möglichst einfache Wörter verwenden, lange Wörter mit Bindestrichen trennen, kurze Sätze schreiben und jeden neuen Satz in eine neue Zeile; Fremdwörter vermeiden oder, wenn das nicht geht, erklären.
Im Oktober hat die Lebenshilfe Detmold einen einjährigen Kursus in Leichter Sprache gestartet. Sonja Wagner und Stephanie Kleine von der Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung haben in einer Schulung die Regeln gelernt. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe übersetzen sie den Flyer der Beratungsstelle in Leichte Sprache. Alle 14 Tage treffen sie sich dafür für zwei Stunden. Die achtköpfige Gruppe besteht aus Menschen mit geistiger Behinderung, mit Lernschwierigkeiten, mit psychischen Störungen oder Sehbehinderungen. Die Texte werden dabei reihum vorgelesen. Wer etwas nicht versteht, zeigt die Rote Karte "Halt, Leichte Sprache!". Dann wird gemeinsam überlegt, wie man ein Wort leichter umschreiben kann. Aus "Interview" wird "Befragung", aus "Protokoll" "schriftlicher Hinweis". Nebenbei entsteht so ein eigenes Wörterbuch in Leichter Sprache. Die Teilnehmer entwickeln großes Interesse für die Themen, hören genauer zu und fragen nach. Für Stephanie Kleine ist das einer der wesentlichen Punkte: "Sprache ist ein großer Schlüssel zur Inklusion". Und hier liegt eine weitere Chance; es gibt bereits Übersetzungsbüros für Leichte Sprache, die auf Experten – oder besser Fach-Leute – angewiesen sind. Denn auch wenn man die Regeln drauf hat, "man braucht eine solche Prüfgruppe von Menschen mit Behinderung", erklärt Sonja Wagner.
Leichte Sprache ist derzeit sehr im Kommen. Ministerien, Verwaltungen und Verbände gehen dazu über, Info-Broschüren in Leichter Sprache anzubieten. Auch Internetseiten werden übersetzt. Das ruft aber auch Kritiker auf den Plan, die befürchten, dass die "normale" Sprache verludert, sagt Sonja Wagner. Da Texte beim Übersetzen schnell deutlich länger werden, etwa weil schwierige Wörter und Fremdwörter umschrieben werden, könnte die Gefahr bestehen, dass wichtige Informationen weggelassen werden, um Platz zu sparen. Aber die Vorteile liegen eben auch auf der Hand: Von Texten in Leichter Sprache profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung oder Lernschwierigkeiten, sondern auch Migranten, die nicht so gut Deutsch können, Demenzpatienten oder sogenannte funktionale Analphabeten. "Es ist erstaunlich, wie viele Menschen man damit erreicht", betont Stephanie Kleine.
Am Donnerstag war Henrik Nolte vom Zentrum für Leichte Sprache in Marburg zu Gast. Er beschäftigt sich seit 10 Jahren mit dem Thema und erläuterte im Rahmen eines Seminars Geschichte und Regeln der Leichten Sprache. Zu den Teilnehmern gehörten auch Vertreter des Kreises Lippe, der Stadt Detmold und der Lebenshilfe-Werkstätten. Die Idee zur Leichten Sprache kommt aus der Bewegung "Selbstbestimmt leben", einem Zusammenschluss von Menschen mit Behinderung. Die ersten Regeln wurden 1998 festgelegt. 2004 entstand das erste Übersetzungsbüro, seit 2006 gibt es das Netzwerk Leichte Sprache ("www.leichtesprache.org").
Das Projekt der Lebenshilfe Detmold wird von der "Aktion Mensch" mit 5.000 Euro gefördert. Wenn der eigene Flyer fertig ist, wartet auf die Gruppe schon eine neue Aufabe: Das Merkblatt für den Detmold-Pass soll in Leichte Sprache übersetzet werden.