1. Große Klappe, viel dahinter

    Barbara Salesch liest und erzählt über ihre Karriere: "Lebenslänglich mag ich nicht"

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    BÜCKEBURG (tr). Barabara Salesch dürfte eine der, wenn nicht gar die bekannteste Richterin Deutschlands sein. 13 Jahre lang, bis zum April 2012, ist sie Tag für Tag aufs Neue im Fernsehen zu sehen gewesen, in einer Sendung, die Beruf und Namen der Protagonistin im – zugegeben, nicht allzu kreativen – Titel trug: "Richterin Barbara Salesch". In Bückeburg hat die heute 64-Jährige am vergangenen Mittwoch aus ihrem Buch "Ich liebe die Anfänge!" gelesen und einige Anekdoten aus ihrer Karriere zum Besten gegeben. "150 und mehr" Gäste, so Friedel Pörtner, erlebten humorvolle, selbstironische, unterhaltsame und mitunter auch aufschlussreiche eineinhalb Stunden.

    In ihrer Karriere habe sie von Anfang an das "große Glück" gehabt, dass ihre Eltern ihr "die Möglichkeit gegeben haben, Chancen zu ergreifen und Gelegenheiten wahrzunehmen", sagte Salesch. Nicht selbstverständlich in für Frauen schwierigen Zeiten: Ihr Vater wollte zunächst gar nicht wahr haben, dass ihm 1950 in Karlsruhe eine Tochter geboren wurde. Als er dann aber feststellte, dass sie ihm "wie aus dem Gesicht geschnitten" war, änderte sich seine Meinung schlagartig. Er erzog sie "wie seinen Stammhalter" und ermutigte sie schließlich sogar zum Jurastudium.

    Danach begann tatsächlich eine von Anfängen und Veränderungen geprägte Zeit. Während ihres Refrendariats in Hamburg sei sie noch davon überzeugt gewesen: "Ich werde Anwältin." Sogar ein Angebot einer großen Kanzlei habe sie bekommen – war aber nicht vollends überzeugt, zu endgültig erschien es ihr. "Lebenslänglich mag ich nicht", kommentierte Salesch. So reifte letztlich der Entschluss, Richterin zu werden. Im Zivilrecht, das war das Ziel – wie jeder andere auch musste sie aber im Strafrecht anfangen. Nach verschiedenen Stationen, etwa alle drei Jahre wechselnd, unter anderem bei der Staatsanwaltschaft und als Referentin bei der Justizbehörde Hamburg – "erst habe ich die Jungs reingebracht, dann wieder laufen lassen" – konnte Salesch sich nicht mehr vorstellen, das Gericht zu verlassen.

    Letztlich tat sie es doch. "Beim Biertrinken" habe ihr die Landgerichtspräsidentin gesagt, dass das Fernsehen jemanden für eine Gerichtssendung suche. Nach anfänglichem Zögern stellte die Vorsitzende den Kontakt her, und nach einer Probeverhandlung hatte die eineinhalbjährige Suche der Fernsehmacher ein Ende. Aus der folgenden Zeit bot Salesch einige interessante Einblicke: Das Urteil am Ende der Sendungen habe vorher, trotz Skript, nie festgestanden. Außerdem habe sie, da die Show unter ihrem richtigen Namen lief, jedes Drehbuch selbst überarbeitet – ihr fachlicher Ruf sollte nicht darunter leiden. Und schließlich, das ist kein Geheimnis: Dekolletés und Muskelshirts funktionieren immer. "Du hast dich zu Tode geschämt, aber die Quote ging hoch", so Salesch.

    Und heute? "Malt sie auch noch." Dies sei allerdings kein wirklicher Neuanfang. Schon lange habe sie sich dafür interessiert, das Leben ließ sich damit aber nicht finanzieren. Über die Bilhauerei kam Salesch zur Ölmalerei und dem Holzschnitt. In ihren Werken drehe es sich immer um die Themen "Farbe, Form, Kraft, Bewegung", die sie heute in ihrem Wohnhaus und Atelier in Petershagen umsetzt – in den Bauernhof habe sie sich auf den ersten Blick verliebt.

    Die Lust auf Veränderung zieht sich also wie ein roter Faden durch Saleschs Karriere. "Es kam viel vorbei, und wenn es gepasst hat, bin ich aufgesprungen", sagte sie gleich zu Beginn der Lesung. Dafür brauche es "gar nicht so viel, wenn man es denn will" – der erste Schritt sei der schwierigste, danach komme vieles von selbst. Man müsse die Gelegenheiten eben wahrnehmen. Dabei war Salesch vor allem eines hilfreich, was ihre Mutter kurz und bündig zusammengefasst habe, als sie sie das erste Mal im Fernsehen sah: "Die hat schon immer eine große Klappe gehabt." Foto: tr

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