1. "Hartz IV darf nicht zur Armutsfalle werden"

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    7.871 Klagen und Anträge auf einstweiligen Rechtschutz gingen im vergangenen Jahr beim Sozialgericht ein, 192 mehr als 2013 (plus 2,5 Prozent). Dass der Anteil der Hartz-IV-Fälle so hoch ist, sei angesichts der guten wirtschaftlichen Lage Deutschlands erstaunlich, meint Wacker, Vizepräsident des Sozialgerichts.

    Meistens geht es um Kosten der Unterkunft, also um die Frage, wie viel Miete bezahlt wird. "Da ist Minden anders zu beurteilen als Höxter", meint Wacker. Das hiesige Sozialgericht ist für gut zwei Millionen Menschen im Regierungsbezirk zuständig (Kreise Minden-Lübbecke, Herford, Lippe, Paderborn, Gütersloh, Höxter und Stadt Bielefeld). Ein weiteres großes Thema sind Fälle, bei denen Menschen der Hartz-IV-Satz gekürzt wurde, weil sie einen ihnen angebotenen Arbeitsplatz abgelehnt haben. Aber auch Fragen, ob ein Haus zum sogenannten "Schonvermögen" gehört oder ob man es verkaufen muss, um von dem Erlös zu leben, beschäftigen die Richter.

    10 Jahre "Hartz IV" – für die einen ist es das große Jobwunder, die anderen sehen es als Subventionsprogramm für den Niedriglohnsektor. Wacker mahnt: "Hartz IV darf nicht zur Armutsfalle werden, aus der man nicht entrinnen kann." Rund 2.000 Klagen sind es pro Jahr, fast 25.000 wurden seit 2005 in Detmold behandelt. Die Zahl der Missbrauchsfälle sei "verschwindent gering", betont Wacker. Die Erfolgsquote ist im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent gesunken. In vier von 10 Fällen bekommen die Kläger zumindest teilweise Recht; im Vorjahr waren es noch gut die Hälfte. Das hänge damit zusammen, dass Mitarbeiter in der Arbeitsagentur mittlerweile besser geschult seien und es so zu weniger Fehlbeurteilungen komme. Zudem habe das Bundessozialgericht in bisher schwierigen Fragen Rechtsklarheit geschaffen. Dennoch sei das Gesetz nach wie vor kompliziert und detailreich und werde oft geändert, meint Wacker.

    Weiterhin hoch sei auch die Zahl der Klagen durch Langzeitarbeitslose. Diesen Menschen bleibe oft nur der Klageweg, weil sie schwer auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln sind. Das Gros kämpfe um einen Arbeitsplatz und Anerkennung durch die Gesellschaft, meint Wacker.

    Zahlreiche Verfahren gab es auch zur Rentenversicherung, 1.400 kamen 2014 neu dazu. Dabei geht es häufig um Erwerbsminderung, weil jemand aufgrund psychischer Erkrankungen nicht mehr voll arbeitsfähig ist. Diese Fälle nähmen zu, weil der Druck auf jeden einzelnen im Berufsleben steige, so die Einschätzung Wackers.

    Nur in zwei Prozent der eingereichten Klagen geht es um die Pflegeversicherung. Das werde aber aufgrund der Alterspyramide der Gesellschaft in den nächsten Jahren zunehmen, so Wackers Prognose.Das Sozialgericht konnte im vergangen Jahr 8.154 Verfahren beenden und damit "sein hohes Erledigungsniveau" steigern. Jeder der derzeit 25 Richter (12 davon Frauen) hat damit durchschnittlich 376 Verfahren bearbeitet. Der Bestand an unerledigten Verfahren ist um 3,38 Prozent auf 8.196 gesunken. Durchschnittlich dauern die Verfahren 13 Monate (2013 waren es 13,2 Monate). Beim sogenannten "einstweilligen Rechtsschutz" geht es deutlich schneller: Hier ergeht innerhalb eines Monats ein Urteil.

    Weitere Infos online auf "www.sg-detmold.nrw.de".

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