REHBURG-LOCCUM (jan). Taschen voller Lebensmittel will das Rehburg-Loccumer ‚Ehrenamt vor Ort’ (EvO) künftig an Menschen ausgeben, die es nötig haben. In zwei Märkten in der Stadt werden ab sofort Spenden gesammelt.
"Ich weiß, wie es ist, zu hungern, zu frieren und nicht gelitten zu sein", sagt Norbert Rossa. Als Kriegsflüchtling habe er das erlebt. Drei, vier Jahre sei er damals alt gewesen – vergessen hat der 74-Jährige diese Zeit nie. Das ist einer der Gründe für das Projekt, das er in Zusammenarbeit mit dem EvO gestartet hat.
In zwei Lebensmittelmärkten in Rehburg-Loccum hat Rossa Einkaufswagen aufgestellt. "Kaufe mehr und spende das ‚Mehr’ hier" steht auf einem Schild, das er an die Wagen montiert hat. Erreichen möchte er, dass durch den breiten Schlitz unter dem Schild Lebensmittel geschoben werden, die anschließend Menschen zugute kommen sollen, die wenig – womöglich zu wenig – Geld für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung haben.
Ein Schlüsselerlebnis erzählt Rossa. Da sei er in einem Stehcafé gewesen in Rehburg-Loccum. Ein älterer Herr sei herein gekommen und habe höflich gefragt, ob es in der Stadt wohl eine Tafel gebe. Nein, die gebe es hier nicht, war die Antwort – nach Nienburg könne er aber fahren. Das koste ihn dann für den Bus doch acht Euro, habe der Herr nur gesagt und sei wieder gegangen. Bei Rossa begann es nach diesem Erlebnis zu rotieren. Eine Tafel für Rehburg-Loccum, das wäre doch eine gute Sache. Der Aufwand allerdings enorm, ein großer Stamm an freiwilligen Helfern notwendig. So entschied er sich für eine praktikable Lösung, die er schnell umsetzte und die nun in Rehburg im Edeka-Markt und in Loccum im NP-Markt begonnen hat. Dort steht jeweils einer der von Rossa präparierten Einkaufswagen und dort bittet das EvO die Kunden darum, einfach etwas mehr als notwendig zu kaufen und das dann in den Wagen im Eingangsbereich zu legen. Zweimal pro Woche will Rossa in der Anlaufphase die Einkaufswagen leeren und hofft darauf, dass dort viele Lebensmittel zusammen kommen. Was er herausholt, das kommt in das Netzwerkbüro des EvO. Und von dort sollen Taschen voller Lebensmittel an alle abgegeben werden, die bedürftig sind. ‚Bedürftige, Kriegsflüchtlinge und andere notleidende Mitmenschen’ steht auf dem Schild. Einen Nachweis soll niemand erbringen müssen, der zum EvO kommt und Lebensmittel haben möchte, sagt dessen Vorsitzender Wolfgang Graeve. Unbürokratisch soll die Hilfe sein. Abgeholt werden können die Lebensmittel zu den Bürozeiten, montags von 10 bis 12 Uhr und freitags von 15 bis 17 Uhr im Büro in Rehburg, Mühlentorstraße 22. Und gegeben werden kann so viel, wie vorher gespendet wurde. Dass der Bedarf und die Spenden sich die Waage halten, darauf hoffen nun alle Beteiligten und sind gespannt, was sich in den ersten Wochen in den Einkaufswagen und im EvO tun wird. Dass Bedarf besteht, das wissen sie nicht nur durch das Erlebnis, das Norbert Rossa die Initiative ergreifen ließ.Foto: jan