Lemgo (nr). Im Zuge der dringend erforderlichen Sanierung des Kanalsystems unter der Mittelstraße, soll auch das in die Jahre gekommene Pflaster erneuert werden. Da die Sanierung das historische Herzstück der Stadt betrifft, werden die Planungen mit Anliegern und interessierten Bürgerinnen und Bürgern gestaltet. Die erste Informationsveranstaltung umriss die grobe Vorgehensweise, zeigte Planungsmodalitäten, warf im Zuge dessen aber gleichzeitig noch viele Fragen auf.
Der eigentliche Grund für die Sanierung der Mittelstraße liegt in der inzwischen maroden Kanalanlage, die noch aus dem Jahr 1938 stammt. Andere Versorgungsleitungen sind aus den siebziger Jahren und bedürfen ebenso, wie die in die Jahre gekommene Pflasterung, einer Grunderneuerung.
Bürgermeister Dr. Reiner Austermann nannte es "die vielleicht wichtigste Baustelle der nächsten Jahre in Lemgo" und sieht die Sanierung als eine große Chance, Lemgos gut funktionierende Innenstadt noch mehr dem demografischen Wandel anzupassen.
Rund 7,2 Millionen Euro wird die Maßnahme kosten. Davon entfallen 2,8 Millionen Euro auf die Kanalanlage und 4,4 Millionen Euro auf die Straßengestaltung. Für die Kosten zur Erneuerung der Kanalanlage und der alten Versorgungsleitungen werden Kanalbauer und Stadtwerke aufkommen. Für die Baumaßnahmen für Unterbau und Straßengestaltung werden Fördermittel des Landes NRW erwartet. Der Rechtslage nach ist die Maßnahme veranlagungspflichtig. Stadt und Planer rechnen damit, dass nur ein Bruchteil dieser Summe veranlagt werden muss, dennoch steht für die Anlieger der betroffenen Bereiche die große Frage im Raum, mit welchen konkreten Kosten sie rechnen müssen. Die Stadt wird das entsprechende Gutachten öffentlich machen.
Auch die Durchführungsdauer der Sanierung von zwei Jahren (2016 bis 2018) bereitet vielen Bürgern Kopfzerbrechen. Besonders Gewerbetreibende befürchten bei einer zweijährigen Bauzeit Einbußen durch ausbleibende Kundschaft und Schwierigkeiten bei der Belieferung.
Entspannter, aber nicht kritiklos gingen die interessierten Bürger mit der Gestaltungsfrage um. Anke Deeken, Landschaftsarchitektin aus Bremen, stellte verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten von Pflasterungen und Beleuchtungen in Städten mit ähnlichen historischer Strukturen vor, wie Lemgo sie aufweist. Markante Stellen im Stadtraum und vor allem die alten, geschichtsträchtigen Fassaden seien für einen historischen Stadtkern von besonderer Bedeutung. Was Barrierefreiheit und Abführung von Oberflächenwasser betrifft, gibt es auch für Lemgo verschiedene Ausführungsmöglichkeiten, wenngleich der Rahmen dort enger gesteckt sein muss.
Freier werden Stadt und Bürger bei der eigentlichen Gestaltung sein. Während planerisch erst einmal von großzügig versiegelten Flächen ohne Mobiliar (Bänke, Bestuhlung, Bepflanzung) ausgegangen wird, war dies für viele Lemgoer ein wichtiger Kritikpunkt. Für sie soll Lemgo mit Verweil- und Ruhezonen anziehen und nicht nur mit seinen schönen Fassaden glänzen. "Wir wollen aus Lemgo keine Museumsstadt machen", so eine Lemgoerin. "Die Stadt sollte für die Menschen sein, nicht für die Fassaden". Ein weiterer Kritikpunkt war das Thema "Beleuchtung". Nicht alle Bürger sind der Meinung, dass die Laternen in der Mittelstraße erneuert werden müssen, beziehungsweise die Lichtgestaltung ein neues Konzept braucht.
"Die Maßnahme hat einen wichtigen Grund", so ein Anrainer, "aber entsprechend den Bedürfnissen der Lemgoer Bürgerinnen und Bürger müssen wir maßvoll damit umgehen."
Gerade weil die Baumaßnahme das Herzstück der Stadt betreffen wird, sehen Stadt und Planer die Notwendigkeit, Anlieger und interessierte Bürgerinnen und Bürger an den Planungen teilhaben zu lassen um einen möglichst großen Konsens zu erreichen. Daher sind alle Interessierten eingeladen, am 14. März an der Planungswerkstatt aktiv teilzunehmen. Voraussichtlich am 20. Mai werden die Ergebnisse dann in einer Abschlussveranstaltung präsentiert. Die Orte der Veranstaltungen stehen zur Zeit noch nicht fest, werden aber zeitnah bekannt gegeben.