Detmold (ck). Hospize sind bestrebt, das Sterben wieder in das Leben zu integrieren. Den Sterbenden und ihren Familien soll ein Stück Normalität in dieser Zeit vermittelt werden. Denn das ist im Krankenhaus oder zu Hause oft nicht mehr gegeben. Laut Umfragen möchten etwa 90 Prozent aller Menschen zu Hause sterben. Die Realität sieht anders aus. Hospize wollen dabei eine menschenwürdige Alternative sein.
Vor 20 Jahren gründete sich der Ambulante Hospiz- und Palliativ- und Beratungsdienst Lippe "Lippe war damals in dieser Beziehung ein weißer Fleck. Hospiz, was ist das überhaupt?", resümiert der Vorsitzende Andreas Lüdeke. Mittlerweile werden in Lippe alle hospizlich-palliativen Versorgungsformen wie ambulante Hospizarbeit, stationäres Hospiz, Palliativärztlicher Konsiliardienst, Palliativer Pflegedienst und Palliativstation in einem gut funktionierenden Netz aus Pflegediensten, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und Hospizen angeboten. 111 Mitarbeiter arbeiten in der Sterbebegleitung des Vereins, der mehr als 900 Mitglieder hat. "Der Verein lebt von den Ehrenamtlichen", erklärt die hauptamtliche Geschäftsführerin Ilse Böinghoff. "Alles wirkt ineinander, die Arbeit der Hauptamtlichen und die der Ehrenamtlichen", erklärt die Ehrenamtliche Inge-Lore Brakemeier. Trotz 20 Jahren intensiver Arbeit ist das Thema Sterben immer noch mit einem Tabu behaftet. Alle sind sich einig: Aufklärung ist vonnöten. "Der Wert des Lebens ist bis zum Schluss lebenswert und niemand ist überflüssig oder lästig", so Lüdeke, der erzählt, dass Hospiz aus einer Bürgerbewegung entstand. Vieles habe sich verändert, heute sei die Hospizbewegung ein Teil der Gesundheitsbewegung.
Begonnen hatte alles vor 22 Jahren mit zwei unabhängigen Treffen zum Thema Hospizarbeit, eines im Landeskirchenamt und ein zweites in Stapelage. Für Andreas Lüdeke schon immer ein elementares Thema in seinem Leben. Im November 1993 setzten sich 12 Interessierte mit den unterschiedlichsten Ideen zusammen und gründeten den Verein. Nach Schulungen und Kursen wurden 1995 die ersten Sterbebegleitungen angeboten. Es folgten Kurse in Sterbebegleitung, Trauerarbeit, Fortbildungen und Informationsveranstaltungen. "Wir nehmen die Menschen so wie sie sind, wir missionieren nicht an den Sterbebetten", erklärt die Geschäftsführerin. Die Mitarbeiter sind sich einig, sie lernen viel während ihrer Arbeit mit den Sterbenden. "Die eigenen Probleme bekommen eine neue Wertigkeit", erklärt Lüdeke. Diese Arbeit verlangt den Mitarbeitern alles ab, so kann auch jeder entscheiden, wie viel er gibt. Und jeder nimmt sich die Auszeiten die er braucht. Inge-Lore Brakemeier beschreibt ihre Gefühle nach einer Sterbebegleitung: "Man erhält mehr Lebensfreude, alles wird bewusster, denn ich darf leben!" Austausch ist unter den Mitarbeitern sehr wichtig. "Natürlich haben auch wir Angst vorm Sterben. Je näher das Thema auf einen zukommt", erklärt Böinghoff. In den Austauschabenden geht es um Nähe und Distanz. Das permanente Einstellen auf die Patienten und ihre Angehörigen erfordert individuelle Begleitung. "Wir wollen den Stand unserer Arbeiten erhalten und nicht andauernd neue Ziele anstreben", erklärt Lüdeke, dem auch klar ist, dass sich das Arbeitsgebiet immer wieder verändert. Demenzerkrankungen nehmen zu sowie die Aufklärungsarbeit von Krankenhauspersonal, Kindergärten und Schulen.
In der nun erschienen Festschrift "20 Jahre in Lippe Hospizverein(t)" kann man die Arbeit des Vereins nachvollziehen. Ein interessantes Jahresprogramm mit Jubiläumsveranstaltungen wie Theaterstücken, philosophischen Abenden, Filmen, Kindertheater, Musikabenden und einer Jubiläumsfeier am 30. Mai um 17 Uhr mit dem Musikkabarett "Schwarze Grütze" im Sommertheater ist geplant.