Kreis Lippe (vf). Es gilt als Unikat, als Manfred Bröcker das Literaturbüro OWL vor 25 Jahren gründet. Bis dato sind solche Institutionen, die sich mit Veranstaltungen, Lesungen, Akademien oder auch eigenen Publikationen für die Literatur einsetzen, nur in den Großstädten anzutreffen. In der Peripherie der großen Kulturzentren sind sie eine Unbekannte. Für den damaligen kulturpolitischen Sprecher der Landtagsfraktion Düsseldorf, Manfred Bröcker, ein Argument mehr, ein Literaturbüro auch in und für Ostwestfalen-Lippe zu eröffnen, mit Sitz in Detmold. "Auch in der Provinz gibt es Kultur," erkannte Bröcker. Von Beginn stand ihm für die künstlerischen Inhalte des Literaturbüros Dr. Brigitte Labs-Ehlert an seiner Seite.
Nach nun 25 Jahren kann das Literaturbüro OWL auf eine beträchtliche Erfolgsgeschichte blicken. Ein Miteinander der einzelnen Kunstsparten, Literatur, bildende Kunst und Musik, auf höchstem Niveau ist dafür eines der Erfolgsrezepte. Die Literatur im ländlichen Raum verorten, in dem Natur und Landschaft thematisiert werden, das andere. Heimatpflege und Hochkultur reichen sich in den Veranstaltungen des Literaturbüros problemlos die Hand. "Regionalität schafft Identität", so die promovierte Germanistik Brigitte Labs-Ehlert. Mit dem Literatur- und Musikfest "Wege durch das Land" prägt und profiliert das Literaturbüro OWL seit 2009 den ostwestfälischen Landstrich. Die internationalen Literaturbegegnungen bieten seit Jahren namhafte Autoren zu häufig brisanten Politthemen; bei den Autorentagen in Schwalenberg steht das Werk eines renommierten Schriftstellers im Mittelpunkt. In diesem Jahr wird es der deutsch-iranische Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani sein. Eine eigene Buchreihe wie "Wege zur Architektur", zahlreiche Publikationen und die Schriftenreihe "Aber die Sprache" genießen inzwischen Kultstatus.
Über die Jahre ist nicht nur das Angebot der Darbietungen stetig umfangreicher geworden. Auch Publikumszahlen und finanzieller Haushaltsrahmen sind stets angestiegen. Insgesamt an die 10.000 Besucher jährlich erwartet das Literaturbüro zu seinen Veranstaltungen. Dabei ziehen die Veranstaltungen nicht nur regionale Stammgäste; die Zahl der Zugereisten steigt von Jahr zu Jahr. Das Budget ist unterdessen auf rund eine Million Euro angewachsen. Was zunächst ausschließlich durch Projektmittel der öffentlichen Hand finanziert wurde, fußt seit mehreren Jahren auf einer institutionellen Förderung. Dabei speist sich 1/3 der Finanzierung aus Fördermitteln des Land NRW und seit 2009 auch aus Zuwendungen der Gesellschafter der GmbH "Wege durch das Land". Hinzukommen Projektmittel einzelner Stiftung, wie der Bundeskulturstiftung oder der Kunststiftung NRW. Das letzte Drittel verteilt sich auf eigene Einnahmen, zum Beispiel aus Eintrittsgeldern.
25 Jahre Literaturbüro OWL sind einen Rückblick wert. Für Brigitte Labs-Ehlert aber keinesfalls ein Grund, sich auf den Lorbeeren der Vergangenheit auszuruhen. Sie richtet den Blick in die Zukunft, auf das, was noch alles ansteht. In Planung ist ein Laboratorium, ein Denkort für Schriftsteller aus den verschiedenen Regionen Europas. Für diesen Sommer steht ein mehrtägiges Literatur-Camp für Kinder und Jugendliche an, das über den Sport den Zugang zur Literatur eröffnen soll. Die 6. und 7. Meisterklasse der Akademie der Lesenden Künste, vermittelt allen an der literarischen Sprache Interessierten ein Verständnis für sprachliche Kunstwerke. Unter dem Titel "Wortspielzeuge" ist in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Lippe eine Veranstaltung mit Texten von Hans Magnus Enzensberger geplant. Zum Jahresbeginn realisiert das Literaturbüro OWL nun aber zunächst eine Lesung mit Günter Grass. Am 15. Februar liest der Literaturnobelpreisträger im Landestheater Detmold aus seinem letzten Werk "Grimms Wörter" (2010). Hiermit wird Brigitte Labs-Ehlert wiederum eine weitere Literaturreihe ins Leben rufen. Unter dem Titel "Passagen" bietet sie Autoren und Texte der Weltliteratur. Die Literaturbüro OWL-Spirale dreht sich also auch künftig kontinuierlich weiter.