Detmold (ab). Platz schaffen, um sich näher zu kommen – diese vielleicht merkwürde klingende Idee steckt hinter dem neuen Konzept "Leer.Raum.Kirche": Ein Jahr lang gibt es in der Christuskirche keine Bänke – neue Formen des Gottesdienstes sollen ausprobiert werden.
1.400 Sitzplätze bietet die Christuskirche insgesamt normalerweise. Das ist viel für eine Sonntagsgemeinde von 30 bis 100 Personen. "Die verliert sich", sagt Pfarrer Maik Fleck. Alle 24 je sechs Meter langen Bänke im Mittelschiff der Kirche wurden nun vorrübergehend entfernt. Der leere Raum soll Chancen eröffnen, neue Formen des Gottesdienstes auszuprobieren, neue Perspektiven zu entwickeln, um zu erkennen, was wichtig ist. Im sechswöchigen Rhythmus soll etwas verändert werden. Zu Beginn wird ein Tisch in der Mitte des Raumes aufgestellt, Stühle im Kreis drumherum, so dass die Gemeinde automatisch näher zusammenrückt. Gut 165 Stühle sind in der Kirche bereits vorhanden. Sollten deutlich mehr Besucher kommen, hat die katholische Schwestergemeinde bereits angeboten, mit weiteren Stühlen auszuhelfen. Und wenn alle Stricke reißen, stehen auch noch 80 Papphocker zur Verfügung. Ein weiterer Vorteil, fällt beim Betreten der Kirche sofort auf: Sie wirkt deutlich heller.
Ob das neue Konzept besser oder schlechter ist, wird das Jahr zeigen, "wir schaffen Erfahrungen", betont Fleck. Im Herbst werden darüber Gemeindeversammlung und Kirchenvorstand beraten.
Drei Tage haben Möbelpacker die Bänke abtransportiert. Ein kleiner Teil wurde eingelagert, die anderen Bänke finden unter dem Motto "Bank sucht Asyl" für ein Jahr ein neues Zuhause: etwa im Lippischen Landesmuseum, in der Klosterkirche in Falkenhagen und anderen Gemeinden.
Zudem wird die Christuskirche Raum für weitere kulturelle Veranstaltungen bieten. Dazu gehört die Kunstausstellung "Utopie – Kein Ort", die im Juni Werke lippischer Künstler zeigt. Das Landestheater wird zwei Projekte umsetzen: Am 14. und 15. Februar geht es um das Gedenken an das Ende der beiden Weltkriege, im März und Juni wird ein Stück über Judas aufgeführt (Premiere ist am 5. März). Mitmachaktionen, Fotoausstellungen und ein Akademie-Wochenende in Kooperation mit dem Reformierten-Bund zum Thema "Juden und Christen" gehören ebenso zum Jahresprogramm.
Die leere Christuskirche soll regelmäßig geöffnet sein, ab April täglich ab 10 Uhr. Dafür sucht das Team "OffenKirche" noch Unterstützer, die sich auch inhaltlich in den "Leer.Raum.Kirche" einbringen möchten.
Am morgigen Sonntag um 11 Uhr beginnt der erste Gottesdienst ohne Bänke. Der offizielle Eröffnungsgottesdienst zum "Leer.Raum.Kirche" findet am Sonntag, 18. Januar, statt. Am 25. Januar öffnet um 10 Uhr das Kirchkaffee, um 11 Uhr ist Gottesdienst.