WENDTHAGEN (tr). Rosskastanienminiermotte – ein sperriges Wort, das man mehrmals lesen muss, um es ganz zu erfassen. Nimmt man es auseinander, erklärt es sich aber fast von selbst: Das kleine Insekt legt seine Eier nahezu ausschließlich in die Blätter der Rosskastanie. Die geschlüpften Larven entwickeln sich darin, fressen sich durch die Blätter und höhlen sie aus. "Dadurch sieht es auf den Bäumen im August schon aus wie im Oktober", sagt Lothar Seidel, Leiter des Kreisforstamts – die Blätter sterben ab und fallen von den Bäumen. Die Rosskastanienalle am Waldeingang in der Wendthäger Bleekstraße, ein Markenzeichen des Reviers Brandshof, ist in dieser Hinsicht ein kleines Paradies für Miniermotten. Da die Insekten den Bäumen aber mehr schaden als nutzen, haben das Kreisforstamt in Person von Seidel und Diana Krause, Drittklässler der Grundschule Am Sonnenbrink sowie Sam Essiamah vom Verein ‚Schulwälder für Nordafrika‘ zur Laubharke gegriffen. Mitten im Wald sammelten sie säckeweise Laub ein, damit es nicht liegenbleibt, die Motten nicht vor Ort schlüpfen und die Bäume gleich wieder befallen können. Stattdessen wird das Laub auf dem Abfallhof kompostiert. Organisiert wurde die Aktion von Krause und Hinrich Baruth sowie Franziska Plieschke, zwei Praktikanten vom Ratsgymnasium. Dass die Aktion nur eine symbolische Wirkung hat, ist auch Seidel bewusst. "Das hier ist keine flächendeckende Maßnahme. Viel mehr geht es darum, dass die Kinder Zusammenhänge in der Natur verstehen", erklärte er. Dabei erhielt Seidel Unterstützung von Sam Essiamah, einem Studienfreund aus Göttingen. In dessen ‚Schulwälder‘-Projekt ist auch die Grundschule Am Sonnenbrink involviert. Unter der Maxime "Global denken und lokal handeln" besteht seit fast zehn Jahren eine Partnerschaft zwischen der Stadthäger ‚Umweltschule‘ und der ghanaischen ‚Bremen Esiam Junior High School‘. Von den beiden Forstwissenschaftlern auf den Weg gebracht, wird diese Kooperation von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung finanziell gefördert. "In Ghana sind vielen die wichtigen Funktionen der Bäume nicht bekannt", erklärte Essiamah. So dienen die Pflanzen dort vor allem als Schattenspender und Erosionsschutz. Allerdings sei der Waldbestand dort innerhalb von 50 Jahren von urspünglich acht Millionen auf heute nur noch 1,4 Millionen Hektar gesunken – ein Trend, dem Essiamah entgegenwirken will. "An 75 Schulen in Ghana haben wir schon tausende Bäume gepflanzt", sagt er. Dafür bietet der Wissenschaftler den Kindern einen Anreiz: Wenn sie an ihrer Schule drei Bäume pflanzen und sich ein Jahr um sie kümmern, bekommen sie von ihrer Partnerschule eine Solarlampe. Diese ersetzt die weit verbreiteten Petroleumlampen. "Wir müssen unser Verhältnis zum Wald ändern. Die Kinder dürfen nicht weiter so handeln, wie wir bis jetzt", so Essiamah. "Wir denken bisher kaum an die nächste Genera-
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