1. "Der Krieg unter den Kirchhoflinden"

    Buch des Gedenkens erscheint 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    Extertal (red). In diesem Jahr gedenken wir der 100. Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkriegs. Aus diesem Anlass bringt das Archiv der Gemeinde Extertal ein Buch des Gedenkens heraus mit dem Titel "Der Krieg unter den Kirchhoflinden" mit dem Untertitel "Der Erste Weltkrieg in Bösingfeld".

    Im Anschluss an die zentrale Gedenkfeier zum Volkstrauertag wurde nun das neue Buch von Bürgermeister Hans Hoppenberg und Archivar Bernd Heise vorgestellt. Da die lokale Geschichtsschreibung grundsätzlich die Aufgabe haben sollte, alle Auswirkungen der übergeordneten Geschichte in ihren Auswirkungen und Folgen "vor Ort" aufzuzeigen, so wird auch in diesem Buch dargestellt, welche Auswirkungen der Krieg in den Jahren 1914 bis 1918 auf buchstäblich jeden Einzelnen im Flecken Bösingfeld gehabt hat.

    So wird der Weg in den Krieg aufgezeigt – vom Mord in Sarajewo am österreichischen Thronfolger und seiner Frau bis hin zum unmittelbaren Kriegsbeginn, wie er damals in der Presse beschrieben wurde. Dabei wurden die Ausgaben der "Lippischen Landeszeitung" vom 29. Juni bis zum 4. August 1914 zugrunde gelegt.

    In den dann folgenden Kapiteln werden beschrieben: die einschneidenden Rationierungsmaßnahmen für Brot und Fleisch, für Viehfutter, für jede Art von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, die Ausgabe von Lebensmittelkarten, die umfassenden Kontrollen der Lebensmittelproduktion, aber auch die etwaigen Strafen auf Verstöße in diesen Bereichen. Darüber hinaus wird aber auch die Kriegswohlfahrtspflege thematisiert, über Geld, Gold und Kriegsanleihen gesprochen sowie über den Rohstoffmangel, der durch die alliierte Blockade der deutschen Seehäfen entstanden war und durch Rohstoffsammlungen jeder Art – auch im Flecken – gelindert werden sollte. Alles wurde gesammelt: Eisen, Kupfer, Zinn, Messing, Bronze, Gummireifen, Aluminium, Bekleidung, Heilkräuter…. Sogar die Kirchenglocken mussten abgegeben werden; das frische Grün der Bäume wurde abgeschnitten, in Ballen gepresst und als Viehfutter genutzt. Außerdem schlug die Stunde der Ersatzstoffe: Kleidung aus Papier oder Brennnesseln. Ein besonderer Glücksfall war die Entdeckung eines tagebuchähnlichen Schriftwerks aus den Weltkriegsjahren 1914 bis zirka 1918 im Kirchenarchiv der evangelisch-reformierten Kirche in Bösingfeld. Der damalige Pastor der Kirchengemeinde – Pastor Böke – hat die Ereignisse und die Stimmungen zu Kriegsbeginn und kurz davor so aufgeschrieben, wie sie ihm damals im Flecken begegneten. Dieses Zeitbild wird ergänzend in dieser Schrift aufgenommen. Viele seiner Informationen erlangte Pastor Böke, indem er bei seinen Mitbürgern stand und mit ihnen sprach – auf dem Platz vor der Kirche unter den Kirchhoflinden zu Beginn des Krieges und während der vierjährigen Kriegshandlungen. Damals vermerkte er in seinen Tagebuchaufzeichnungen die Worte: "Es ist, als ob der Krieg unter den Kirchhoflinden stattfindet. So kam das Buch zu seinem Titel: Der Krieg unter den Kirchhoflinden. Das Titelbild von dem 14-jährigen Schüler Nikolaus Rossa gestaltet nach einem Foto aus der Fotothek des Gemeindearchivs, greift das Thema auf und gestaltet es.

    Die von Pastor Böke verfassten Stimmungsbilder beschäftigten sich mit dem Kriegsverlauf, mit der Stimmung im Lande, aber es war ihm darüber hinaus außerordentlich wichtig, mit den aus seiner Gemeinde stammenden Soldaten im Kontakt zu bleiben, ihnen Mut zu zusprechen, sie zu trösten und mit Informationen aus ihrer Kirchengemeinde zu versehen. Das wird an Beispielen verdeutlicht.

    Es fehlt im Buch auch nicht die Beschreibung der ständigen Einflussnahme des Staates, seine unaufhörlichen Kontrollen der Bevölkerung, besonders aber der Jugendlichen im Flecken.

    Stellvertretend für die existenzielle Bedrohung des Einzelnen in diesem ersten globalen Krieg steht die Familiengeschichte einiger Bösingfelder Familien. Im Anhang des Buches befinden sich Hinweise zum Verlauf des Krieges, ein Lebenslauf des letzten deutschen Kaisers, Wilhelm II., mit einer Einschätzung seines Charakters und seiner Fähigkeiten durch seinen Vater Friedrich III. Ebenfalls ist eine Predigt vorhanden des Schweizer Theologen Karl Barth, der zeitgleich zu Kriegsbeginn mit Pastor Böke über das Thema: "Sorget nicht!" aus dem Philipper-Brief 4,6 predigt.

    Den Schluss des Buches bildet ein Gruppenbild aus dem Jahre 1919 von all denen, die den Krieg überlebt hatten. Als jenen, die diese globale Katastrophe nicht überlebt haben und ihren Familien, gilt – auch mit diesem Buch – im besonderen Maße unser Gedenken.

    Das Buch ist zum Preis von 15 Euro in folgenden Verkaufsstellen erhältlich: Papierladen Noth, Geschäftsstelle Marketing Extertal und Bürgerservice der Gemeinde Extertal

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an