STADTHAGEN/LANDKREIS (jl). Auf reges Interesse ist das dritte Energie-Café in der "Alten Polizei" zum Thema Fracking gestoßen. Fracking ist eine umstrittene Methode zur Erdgasgewinnung aus Schiefer- oder Sandsteinformationen, die auf Einladung des Anti-Atom-Bündnisses Schaumburg und der Umweltgruppe Wiedensahl unter der Moderation von Klaus Strempel zweieinhalb Stunden lang diskutiert wurde. Oftmals stand Aussage gegen Aussage, es gab Zwischenrufe und vor allem Karsten Becker als energiepolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion musste einiges an Kritik einstecken.
Die Argumente gegen Fracking fasste Wolfgang Marschausen von der Bürgerinitiative Langwedel zusammen: Fracking beinhalte unkalkulierbare Risiken, gerade in der Langzeitwirkung, und trage nicht dazu bei, die Energiepreise zu stabilisieren oder die Erdgasversorgung Deutschlands unabhängiger zu machen. Zudem verwies er auch auf heute schon in Folge der Gasförderung auftretende Erdbeben.
Oliver Kalusch vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz argumentierte unter anderem mit Sicherheitsmängeln und naturgegebenen fehlenden Sanierungsmöglichkeiten im Untergrund. Durch das Fracken, wie es zukünftig zu erwarten sei, sähe es unter den tieferen Erdschichten über zig Quadratkilometer so aus, wie die Äcker nach dem Umpflügen. "Genau das wollen wir in Niedersachen nicht", mischte sich Becker vehement in die rege Diskussion ein.
Mehrmals betonte der energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, dass sich die Landesregierung eindeutig gegen das Schiefergas-Fracking ausspreche. In den ausformulierten Gesetzesvorschlägen tauche dies aber in keiner Zeile konkret auf, kritisierte ein Bürger und wedelte mit den entsprechenden Drucksachen. Ferner kommentierte Kalusch: Die Landesregierung formuliere statt konkreter naturwissenschaftlich-technischer Forderungen nur "Allgemeinplätze" und regele dadurch keine sichere Erdgasförderung.Für Entsetzen in den Stuhlreihen sorgte auch die Nachricht, dass es im Schaumburger Land bereits Aufsuchungserlaubnisse zur Gasgewinnung gebe, wie der SPD-Politiker Becker bestätigte. Fracking-Maßnahmen im Landkreis seien ihm jedoch nicht bekannt.
Meinhard Behrens von der Wiedensahler Umweltgruppe meldete sich aus dem Publikum zu Wort und verwies auf Widersprüche in der Landespolitik. Es sei nicht plausibel, dass das Land weiterhin Aufsuchungserlaubnisse für unkonventionelle Gasvorkommen erteile, obwohl der Wirtschaftsminister vorgebe, sich gegen unkonventionelle Gasförderung zu stellen. "Das Bundesberggesetz lässt eine strenge Prüfung und eine Versagung von Aufsuchungsanträgen durchaus zu, wie sich erst vor wenigen Wochen am Beispiel eines Schiefergas-Feldes in Nordhessen gezeigt hat", so der Frackinggegner.
Was das konsequente Verbot von Fracking für praktische Folgen hätte, wollte ein Zuhörer wissen.
"Dann gibt es keine Erdgasförderung mehr in Deutschland", entgegnete Marschausen. Diese Aussage unterstützte auch der Landtagsabgeordnete. Da die konventionellen Lagerstätten weitgehend "ausgebeutet" seien, so Becker, stelle das Fracken gegenwärtig die einzige Möglichkeit dar, noch Gasfelder zu erschließen.
Dass er im Zuge dessen die Gefährdung von rund 20.000 Arbeitsplätzen erwähnte, kritisierten mehrere Zuhörer harsch. Dies seien "rhetorische Tricks" und überhaupt sei die Zahl der direkt Betroffenen weitaus kleiner, so die einhellige Meinung
Auf breite Zustimmung stieß das Fazit, auf erneuerbare Energien zu setzen. Zudem wurde mehr Bürgerbeteiligung seitens der Politik in Form von Partizipation bei Entscheidungs- sowie Informationsprozessen gefordert.
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