"Wie schafft man es als dreifache Mutter und Bundestagsabgeordnete alles unter einen Hut zu bekommen?", lautete die erste Frage. Keul, seit 2009 im Bundestag, erzählte dem Publikum, dass ihr Mann schon während ihrer Selbstständigkeit als Rechtsanwältin – 2000 gründete sie ihre eigene Kanzlei in Marklohe – "Vollzeit" zu Hause bei den Kindern geblieben ist. Anders würde es nicht gehen, finden doch jedes Jahr insgesamt 22 Sitzungswochen in Berlin statt. Und die seien wortwörtlich zu nehmen, so die 44-Jährige, da die Politiker oftmals durchgehend in Terminen säßen. Ein konkretes politisches Vorbild hatte die heutige rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Bundesfraktion sowie parlamentarische Geschäftsführerin nicht, wie sie verriet. Vielmehr habe sie sich für zahlreiche Biografien politischer, vorwiegend weiblicher, Persönlichkeiten wie zum Beispiel Hillary Clinton interessiert. Ferner berichtete Keul, die sich selbst als "klassische Quereinsteigerin" bezeichnet, dass sie zweimal bei den Grünen eingetreten ist – Als Zeichen ihres Protestes gegen den Kosovokrieg sei sie zwischenzeitlich einmal ausgetreten. Sie sprach über ihren ersten Rednerwettstreit, über Lobbyismus und wie sie im Mai diesen Jahres Wahlbeobachterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Lemberg im Westen der Ukraine wurde. Den Zuhörern berichtete sie von durchsichtigen Urnen bei der Parlamentswahl. Was sich deutsche Wähler schlichtweg nicht vorstellen können, sei in der von Korruption geplagten Ukraine der Gedanke von Transparenz, erklärte Keul. So ist für alle sichtbar, dass nur einzelne Stimmen in der Wahlurne landen und, dass diese zu Beginn auch tatsächlich noch leer war.
Auf Nachfrage von Rosenwald-Metz nahm die Grünenpolitikerin auch Stellung zu den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine. "Jede Lösung geht nur mit Russland", betonte Keul. Auf der einen Seite dürfe man Russland sein völkerrechtswidriges Verhalten nicht durchgehen lassen, auf der anderen Seite müsse man aber auch zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Dies sei eine schmale Gratwanderung und sie vermisse insgesamt den Schritt, bereit zu sein sich in andere hineinzuversetzen. Wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier in dem Ukraine-Konflikt agiert, um den Gesprächskanal nach Russland offen zu halten, unterstützt die Bundestagsabgeordnete ausdrücklich: "Besser als er es macht, könnte er es derzeit nicht machen." Kritik gab es für Russlands Präsidenten. Es sei "Unsinn", wenn Wladimir Putin sagt, dass die Faschisten in der Ukraine säßen. "Das ist Propaganda", so Keul. Natürliche gebe es rechte Kräfte und Parteien, die hätten aber bei der Parlamentswahl in Anbetracht der schwierigen Situation in der Bevölkerung "beruhigend schlecht abgeschnitten".
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