STADTHAGEN (tr). Erst Mitte Juli hätten er und Ali Ihsan Tepe sich beim Konzert seiner Projektband ‚Latin Affair‘ auf dem Fiskuß-Festival kennengelernt, erzählt Heiko Biermann: "Ali ist mit seiner Saz auf mich zugekommen und meinte nur: ‚Ich hätte Lust, was zu spielen.‘" Gesagt, getan – und zwar gleich vor Ort. "Nach dem Konzert ging die Session dann erst richtig los", so der passionierte Jazz-Musiker. Und hat schließlich Ende Oktober im Kulturzentrum Alte Polizei in Stadthagen ihre Fortsetzung gefunden.
Den ersten Teil des Abends gestaltete ‚Latin Affair‘ aber alleine. Sängerin Julia Wochner, Felix Grimpe am Piano, Simon Jurczewski am Schlagzeug, der Stadthäger Robin Wiersbin am Bass und Biermann selbst wahlweise an Klarinette, Querflöte oder Saxophon zogen das Publikum mit frei und virtuos interpretierten Stücken wie "Agua de beber", der "Saga of Harrison Crabfeathers", "Bye Bye Blackbird" und Stings "Fragile" in ihren Bann.
"Wir kommunizieren auf der Bühne ohne zu sprechen", sagte Biermann. Man fange gemeinsam an, höre gemeinsam auf – was aber dazwischen passiert, ist auch für die Musiker immer wieder eine Überraschung. "Ich liebe es, die Dinge auf der Bühne zu entwickeln." Das merkte man nicht nur ihm, sondern allen Bandkollegen an. Gemeinsam steckten sie das Publikum mit ihrer Spielfreude an. Immer wieder improvisierten die talentierten Musiker an ihren Instrumenten verschiedenste Soli. Szenenapplaus. Dazu Wochner mit ihrer mal gefühl-, mal kraftvollen, immer aber bezaubernden Stimme. Alles ist erlaubt. Hauptsache, es groovt.
Als schließlich auch Ali Ihsan Tepe mit seiner Saz – einer traditionellen, anatolischen Art der Laute – die Bühne betrat, eröffneten sich den Zuhörern völlig neue Klangwelten. Solo präsentierte er zunächst modern interpretierte, türkische Musik, deren Ursprünge dennoch klar zu hören sind. Und zum Abschluss kamen auch ‚Latin Affair‘ wieder dazu, um gemeinsam mit ihm zu improvisieren. Ob das passt? "Ich war zunächst skeptisch", gab Biermann zu. Auf der Bühne zeigte sich aber, dass die eigentlich völlig unterschiedlichen Genres gut harmonieren - sowohl stimmlich als auch instrumental. Seine Ansagen machte der mittlerweile in Obernkirchen lebende, aber extra für das Konzert von einer Produktion aus London angereiste Tepe auf türkisch, übersetzt von einer Dolmetscherin. "Ali spricht unsere Sprache nicht", sagte Biermann. "Aber Musik ist eine Weltsprache. Ich freue mich, dass wir zusammen Musik machen." Foto: tr