WUNSTORF (tau). Ein Mahnmal für die Zwillingsbrüder Ernst und Ludwig Lazarus, mit dieser Aufgabe haben sich zwei Kunstkurse auf erhöhtem Niveau im Hölty Gymnasiums beschäftigt und kleine Skulpturen aus Seifenblöcken geschnitzt. Die Ergebnisse der Arbeiten werden bis zum 19. Dezember im Wunstorf Info präsentiert.
Die Plastiken zeichnen den Leidensweg der Brüder Lazarus nach, die in den 1930er Jahren die Hölty Schule besuchten und von einem auf den anderen Tag verschwanden. Die Schüler der Kunstkurse machten sich Gedanken über das Schicksal der Zwillingsbrüder und setzten ihre Assoziationen um. Svenja Hessing zum Beispiel hat den Zwillingsgedanken anhand von vier Füßen umgesetzt, die immer kleiner werden. Am Ende bleibt lediglich ein Fußabdruck zurück, der das Verschwinden der Brüder symbolisiert. Minje Engel hat für ihre Skulptur spitze Formen und Kanten gewählt. Sie stellen die Gewalt dar, unter der die Zwillinge gelitten haben müssen. Für Lisann Rosanowitsch standen Schutz- und Hilflosigkeit der Opfer im Vordergrund. Die Schülerin stellt die Brüder Lazarus deshalb als Figuren dar, die langsam zu einer Embryo ähnlichen Masse verschmelzen. Schnitte auf der Oberfläche der Plastik verdeutlichen die seelischen und körperlichen Verletzungen.
Über 20 individuelle Plastiken sind in den Kunstkursen entstanden. Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich, das ein Entwurf als Mahnmal verwirklicht wird. Rund 700 Euro würde die Umsetzung schätzungsweise kosten. Bei der Vernissage am Donnerstag diskutierten Gäste daher über ein mögliches Engagement der kürzlich gegründeten Stiftung Rotes Lehmhaus, die sich zum Ziel gesetzt hat, Projekte der Wunstorfer Bürgerschaft und der Schulen zu fördern. Außerdem zeigt die Ausstellung bislang verschollene Dokumente, die nach den Novemberpogromen entstanden sind. Dabei handelt es sich unter anderem um Listen, auf denen der beschlagnahmte Besitz von Wunstorfer Juden verzeichnet ist. Ein Geschichtskurs hat sich mit der Sichtung des Materials im Stadtarchiv beschäftigt.
Ortsbürgermeister Thomas Silbermann zeigte sich beeindruckt von der Umsetzung. Schüler, Stadtarchiv und der Heimatverein haben Hand in Hand gearbeitet und eine tolle Ausstellung auf die Beine gestellt, lobte Silbermann. Die Vorsitzende des Heimatvereins, Brigitte Wübbeke-Pflüger, sagte, dass die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus oft nach dem Gießkannenprinzip geschehe und als notwendige Pflicht betrachtet werde. Bei den Projekten der Hölty-Schüler aber habe sie gespürt, dass eine Generation das Gedenken an das Schicksal der jüdischen Opfer neu beleben wolle.
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