1. Bedrückte Stimmung bei den Teilnehmern

    Awo-Studienfahrt in das Konzentrationslager Mittelbau-Dora am Rand des Harzes

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    Lemgo. "Unvorstellbar, dass die Gräuel der Konzentrationslager und ihrer vielen Zweigstellen so weit in die damalige Gesellschaft hineinragten und von vielen akzeptiert oder sogar ausgenutzt wurden", war einer der Gedanken nach dem Besuch des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora nahe Nordhausen am Südrand des Harzes. Eine Reisegruppe der Awo Lemgo hatte sich Anfang November auch deshalb auf den Weg gemacht, weil es 1945 einer der Mittelbau-Dora-Häftlinge auf der Flucht bis nach Lemgo geschafft hatte: der spätere Ehemann der Lemgoer Ehrenbürgerin Karla Raveh. Seinen Lebensweg stellte der Awo-Ortsvereinsvorsitzende Manfred Behrend schon während der Fahrt vor.

    Sehr anrührend war eine E-Mail von Karla Raveh, in der sie der Awo-Gruppe eine anregungsreiche Fahrt wünschte, darum bat, den Herbsttag dennoch zu genießen und die Reisegruppe während ihres geplanten Lemgo-Besuchs im Frühjahr 2015 zu einem Treffen in den Hof ihres Hauses in der Echternstraße einlud.

    Um eine Vorstellung zu bekommen, wie damals 20-Jährige die Zeit erlebt hatten, konnte Manfred Behrend die Lebensdaten und Erinnerungen eines US-Soldaten namens Sherman Hart anführen, der am Ende des Krieges mit der 104. US-Infanterie-Division das Konzentrationslager erreichte. Was er dort sah, war "die Hölle" für ihn, wie er es nicht anders ausdrücken konnte. Seine Fotos und Erzählungen vermitteln einen unmittelbaren Eindruck von den Gräueln der Zeit.

    Das Konzentrationslager Mittelbau-Dora wurde erst 1943 eingerichtet, in den 18 Monaten seiner Existenz wurden dort 60.000 Häftlinge beschäftigt – 20.000 überlebten dies nicht. In Mittelbau-Dora wurden in einem 15 Kilometer verzweigten Stollensystem V-2-Raketen und Flugzeuge hergestellt, weil die Produktion in Peenemünde zu unsicher geworden war. Um das zu ermöglichen, wurden von Tausenden von Bauhäftlingen unter unvorstellbaren Lebensbedingungen – eher Todesbedingungen – die Stollen in den Berg hinein getrieben. Als die Awo-Gruppe durch die kalte und feuchte unterirdische Fabrikanlage geführt wurde, versuchte sich jeder vorzustellen, wie dort in einem der Stollen 2.000 Häftlinge auf engstem Raum im Schichtsystem schlafen sollten, während andere Häftlinge gleichzeitig die Bergarbeiten und die Produktion weiterführen mussten. Kaum vorstellbar, dass dies überlebt werden konnte.

    In den Ausstellungsräumen des Museums wurden Opfer- und Tätererlebnisse gegenübergestellt. Einer der bekanntesten Organisatoren von Mittelbau-Dora war sicher der Raketenfachmann Wernher von Braun, der nach dem Krieg in den USA seine Karriere fortsetzen konnte. Aber auch andere Verantwortliche konnten nach Kriegsende ihre führenden Tätigkeiten wieder aufnehmen.

    Auf der Rückfahrt herrschte im Bus eine sehr nachdenkliche und bedrückte Stimmung.

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