Lügde (afk). Wie häufig stand am Beginn des Projektes ein Zufall: Bei einem Besuch im Kreisarchiv in Detmold, in dem auch die Relikte aus der Großgemeinde fachgerecht aufbewahrt werden, wurde der Lügder Josef Huppertz vom Heimat- und Museumsverein darauf angesprochen, in die Kreisausstellung "Lipper im 1. Weltkrieg" auch Lügder Aspekte mit einzubringen. "Es ist dann auch einiges von uns in die Kreisausstellung eingeflossen", berichtet Huppertz. "Aber wir haben uns dann gefragt: Was ist denn eigentlich in Lügde in dieser Zeit passiert? Wie gingen die Familien hier damit um, dass die Männer im Kriegseinsatz waren? Die Ursprungsidee war also mehr, den lokalen Hintergrund zu beleuchten." Dass es dann ganz anders kommen sollte, wird eine Ausstellung zeigen, die unter dem Titel "Leb wohl – auf Wiedersehen! Schreib bald wieder!" am Freitag, 24. Oktober, um 19.30 Uhr, im Heimatmuseum in Lügde eröffnet wird.
Josef Huppertz traf den Lügder Paul Ladwein, der zahlreiche Unterlagen seines Onkels Josef "Scheges" Kannengießer besaß. Dieser war im 1.Weltkrieg als Marinesoldat im Einsatz. Zahlreiche Erinnerungsstücke hatte Ladwein bereits dem Marinemuseum übergeben. Dennoch war hier der Anfang gemacht. In Gesprächen mit alten Lügdern wie Josef Niemann, Johannes Hartmann und zahlreichen anderen Personen verdichtete sich bei Huppertz zunehmend die Erkenntnis, dass es so gut wie kaum Erinnerungsstücke oder Aufzeichnungen über das Lügder Leben in jener Zeit gab.
Presseaufrufe bestätigten das in der Folge. Zudem erhielt Huppertz (wie er es nennt) ein "Geschenk des Himmels" in Form von rund 400 Karten aus dem Besitz der Familie Fasse- Horstmann. Später kamen noch einmal 50 Karten aus den Niederlanden von einer ehemaligen Lügderin hinzu, die den Nachlass von Josef Kappe verwaltet. Und auch aus Rischenau wurden ihm Unterlagen zur Verfügung gestellt. "Die Bereitschaft mich bei diesem Projekt mit Material zu unterstützen war enorm.
Von da an war aber auch klar, dass wir die ursprüngliche Absicht der Ausstellung mit Hintergrundinformationen über die Heimatfront aufgeben mussten und ein neues Konzept entwickelt werden musste", sagt Huppertz. "Diese neue Ausrichtung sah dann vor, sich speziell auf Schriftstücke zu verlegen. Das Problem bestand aber nun darin, wie man Karten und Briefe der Soldaten an ihre Familien am besten darstellt." Die Post war durchweg in Sütterlin-Schrift geschrieben, die die meisten Menschen heute kaum noch lesen können. "Auch ich habe es mir erst beibringen müssen, um die Texte dann in der Folge übersetzen zu können", gesteht der Heimatfreund, der alle rund 600 Karten und Briefe gelesen hat. Zudem mussten die Schriftstücke vergrößert werden, um für die Ausstellungsbesucher später auch lesbar zu werden.
"Fast alle Post enthielt die Floskeln wie ‚Schreib bald wieder!‘", stellte Huppertz fest und vermutet, dass die Zensur den Soldaten diese Sätze vorgab. "Die Post wurde zensiert. Viele Briefe trugen auch Stempel der Zensurbehörde, die darüber wachte, dass nach Hause ein positives Bild der Kriegseinsätze vermittelt wurde. Alles drehte sich bei den Floskeln nur um die Kernaussagen: Ich lebe noch, wie geht es euch und Hoffnung auf ein gutes Ende. Aus bestimmten, immer wiederkehrenden Sätzen kann man schließen, dass sie von den Soldaten geschrieben wurden, bevor sie wieder in den Schützengraben mussten. Es wurden kaum sehr persönliche Empfindungen oder Lügder Angelegenheiten mitgeteilt.
Das geschah dann meistens verklausuliert."
Es sei eine hoch spannende Angelegenheit, erzählt Josef Huppertz von dieser Arbeit, die er sich – so gesteht er freimütig – weder vom Umfang noch vom Zeitaufwand her vorher klar gemacht habe: "Das ist schon mächtig zeitaufwändig".
Die Lügder Ausstellung, die bis zum 23. November (täglich außer mittwochs) von 14 bis 19 Uhr im Heimatmuseum Lügde, zu besichtigen ist, wird ideell und materiell durch einige Exponate unterstützt vom Kreisarchiv und vom Lippischen Landesmuseum. Nach Vereinbarung können auch Gruppenführungen vorgenommen werden. Interessenten können sich mit Josef Huppertz (Telefon 05281/6009718) in Verbindung setzen. Zur Eröffnung der Ausstellung wird am Freitag neben dem Bürgermeister auch Josef Huppertz sprechen, der die Bedeutung der Feldpostkarten als Quelle der Kriegszeit noch näher erläutern wird.