Detmold (pgk). "Ein junges Orchester wird 60", so die Ministerin Ute Schäfer in ihrem Grußwort der umfangreichen Festschrift zum Jubiläumskonzert, das bei seiner Gründung nach seinem Initiator und langjährigen Leiter noch "Kammerorchester Tibor Varga" hieß und sich damals wie heute aus Studierenden und jungen Absolventen der Detmolder Musikhochschule zusammensetzt. In seiner Ansprache während des Festkonzertes definierte der stellvertretende Vorsitzende des Trägervereins Dr. Ulrich Bender das heutige Ensemble als Ausbildungs- und Konzertorchester mit wechselnder Besetzung – eine Art Startrampe in die Berufsorchester – mit dem zusätzlichen gewichtigen Aufgabenfeld, durch "Musikvermittlung" Kinder und Jugendliche für die Welt der klassischen Musik zu begeistern.
Sogar ein Gründungsmitglied des "Urorchesters" von 1954, die Cellistin Prof. Irene Güdel, konnte Bender im Publikum zum Erstaunen der Konzertbesucher begrüßen und mit einem Varga-Originalzitat ein Schlaglicht auf das damalige Probenklima werfen: "Sie spielen jeden Tag schlechter, aber heute schon wie übermorgen". Den historisch-musikalischen Clou dieses Jubiläumskonzertes bildete in besonderer Weise die Vereinigung aller (nach Varga) drei künstlerischen Leiter des DKO auf dem Podium des Konzerthauses: Die Professoren Christoph Poppen (1989 – 1995), Eckhard Fischer (1995 – 2009) und Alfredo Perl (seit 2009); das ist sicher nicht realisierbar ohne erhebliche planerische und organisatorische Bemühungen im Vorfeld!
Eine musikalische Rarität stand bei den Kompositionen des Abends im Mittelpunkt: Die Uraufführung einer konzertanten Musik für Violine und Streichorchester "Gryllus musicalis", die die anwesende Ungarische Komponistin Olga Kroupova speziell für dieses Jubiläumskonzert schrieb und durch den inspirierenden Gesang von Grillen bei einem abendlichen Spaziergang angeregt wurde. Alfredo Perl leitete mit ausdrucksvollem Dirigat das Orchester im Pianissimo sensibel in harmonisch und rhythmisch zeitgenössische Strukturen, gefolgt von der Solovioline (Eckhard Fischer) in ihrem überwiegend höchst anspruchsvollen Part. Mit einem von ihr eingeleiteten ausgedehnten schwirrenden Flageolett des gesamten Orchesters und darüber entwickelten Schwirrtönen, für den Zuhörer als Analogie zum Gesang der Grillen einzuordnen, verklang "Gryllus musicalis", überlagert von extrem hohen Flageoletttönen der Solovioline, im verhauchenden Pianissimo der Celli.
Dieses zeitgenössischen Zentralwerk konnte der Zuhörer in diesem Jubiläumskonzert aber noch in einem zauberhaften "historischen Rahmen" genießen: Zu Beginn gab es Johann Sebastian Bachs Violinkonzert E-Dur BWV 1042, geleitet von Alfredo Perl mit Christoph Poppen in der Solovioline mit einem höchst eindrucksvollen 2. Satz (Adagio), sowie das Bachsche Doppelkonzert für 2 Violinen d-Moll BWV 1043, begeisternd musiziert von Christoph Poppen und Eckhard Fischer als Solisten. Last not least gehörte zu diesem faszinierenden historischen Rahmen aber auch das stellenweise hochromantische, passagenweise aber auch ausgesprochen virtuose Doppelkonzert für Violine und Klavier d-Moll des erst 14-jährigen Felix Mendelssohn Bartholdy, das besonders durch seinen brillant gespielten Schlusspart große Begeisterung auslöste und in seiner Auswahl, wie auch das Bach-Doppelkonzert, für dieses Jubiläum des Detmolder Kammerorchesters nicht zu überbieten war, da hier all seine Leiter, Fischer (Violine), Perl (Klavier) und Poppen (Leitung) gleichzeitig miteinander musizierten. Herzlichen Glückwunsch!